Leitsatz (amtlich)

1. Zum Fortbestehen des Überrumpelungsmoments bei einem Zeitraum von über zwei Monaten zwischen Haustürsituation und zu widerrufender Willenserklärung.

2. Zur Unzulässigkeit einer Wider- und Drittwiderklage, die erstmals in der Berufung erhoben wird.

 

Normenkette

HwiG § 1; ZPO §§ 529, 533

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 09.12.2003; Aktenzeichen 4 O 1555/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9.12.2003 verkündete Urteil des LG Hanau abgeändert. Die Klage wird (insgesamt) abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die weiter gehende Wider- und Drittwiderklage der Beklagten wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat der Kläger zu tragen.

Von den Kosten der Berufung haben zu tragen:

von den Gerichtskosten die Beklagte 68 % und der Kläger 32 %; von den außergerichtlichen Kosten:

von denen des Klägers die Beklagte 68 %; von denen der Beklagten der Kläger 32 %; die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten hat die Beklagte zu tragen;

im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger oder die Drittwiderbeklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger bzw. die Drittwiderbeklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Rückabwicklung eines Darlehensgeschäfts, das er mit der Beklagten zur Finanzierung einer Fondsbeteiligung (A) eingegangen ist.

Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 280 ff. d.A.) verwiesen, das durch Beschluss vom 3.3.2004 (Bl. 312 f. d.A.) berichtigt wurde.

Mit Urteil vom 3.12.2003 hat das LG der Klage hinsichtlich des Feststellungsbegehrens und dem Antrag auf Rückgewähr der Lebensversicherung stattgegeben. Den Antrag auf Rückzahlung der geleisteten Darlehenszinsen hat es dagegen abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen richten sich die jeweils form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufungen von Kläger und Beklagter.

In der Berufung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.3.2006 (Bl. 616 ff. d.A.) Widerklage gegen den Kläger und Drittwiderklage gegen die bisher am Verfahren nicht beteiligte Drittwiderbeklagte auf Zahlung von 26.700,47 EUR erhoben.

Die Beklagte trägt vor:

Die Ausführungen des LG trügen eine (teilweise) Verurteilung der Beklagten nicht.

Die Beklagte habe das Bestehen einer Haustürsituation in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Das LG hätte also Beweis erheben müssen. Darüber hinaus sei die Haustürsituation Anfang Oktober 1988 auch nicht für die mehr als zwei Monate später am 29.12.1988 erfolgte Unterzeichnung des Darlehensantrages ursächlich gewesen. Es fehle substantiierter Vortrag vonseiten des Klägers, dass trotz des zeitlichen Abstands von einem Ursachenzusammenhang auszugehen sei.

Außerdem sei das Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 HWiG wegen der notariellen Beurkundung des Angebots zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Steuerberater B. ausgeschlossen.

Schließlich sei die Haustürsituation der Beklagten auch nicht zurechenbar (Wird ausgeführt.).

Eine Überschreitung der Kreditgeberrolle liege nicht vor (Wird ausgeführt.). Die Teilnahme eines Vertreters der Beklagten an der Verkaufsveranstaltung am 8.10.1988 werde weiterhin bestritten. Es komme aber ohnehin nicht darauf an, da der Kläger nicht behaupte, überhaupt an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. Die Beklagte habe auch keinen offenbarungspflichtigen Wissensvorsprung gehabt (Wird ausgeführt.)

Im Schreiben vom 22.12.1988 habe die Beklagte nichts Falsches zugesichert. Schließlich sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, über die Vor- und Nachteile eines endfälligen Darlehens ggü. einem Annuitätendarlehen aufzuklären.

Das Verhalten der Vermittler sei der Beklagten nicht zuzurechnen, da es außerhalb ihres Pflichtenkreises läge.

Ein stillschweigend geschlossener Auskunftsvertrag sei abwegig. Schließlich bildeten Darlehens- und Gesellschaftsvertrag auch kein einheitliches Rechtsgeschäft i.S.v. § 139 BGB.

Hinsichtlich des Vortrags der Beklagten zur neu erhobenen Wider- und Drittwiderklage wird auf den Schriftsatz vom 16.3.2006 (Bl. 616 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklag...

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