Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Einziehung eines von einem Notar erlassenen Erbscheins
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mosbach vom 19.05.2021, Az. 1 VI 403/20, und sein entsprechender Antrag auf Verfahrenskostenhilfe werden zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte zu 3 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 3 begehrt die Einziehung eines Erbscheins, nachdem er im Hinblick auf seine Ausschlagung der Erbschaft die Anfechtung erklärt hat.
Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann haben am 17.03.2009 ein handschriftliches gemeinschaftliches Testament verfasst, welches die gemeinsamen drei Kinder, die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3, als Erben des Letztversterbenden bestimmt. Der Nachlass der Erblasserin bestand im Wesentlichen aus einer Eigentumswohnung in einem Anwesen in W., welche aus zwei selbständigen Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss bestand. Zudem befand sich im Dachgeschoss eine weitere Eigentumswohnung, die im Alleineigentum des Beteiligten zu 1 stand. In dem gemeinschaftlichen Testament trafen die Eheleute die folgende Regelung:
"1. [Beteiligter zu 1] hat das Dachgeschoß selbst ausgebaut nach unserem Willen sollte er das im 1 Stockwerk gelegene Schlafzimmer und Kinderzimmer dazu bekommen. (nach unserem Tode natürlich.)
2. Unser Sohn [Beteiligter zu 3] bewohnt im 1 Stockwerk 2 Zimmer mit Bad und Flur Mietfrei nur die Nebenkosten muß er sich mit den 2 Geschwistern teilen. Die Wohnung darf von J. weder vermietet noch verkauft werden, ansonsten fallen die Räumlichkeiten den Geschwistern zu.
3. Das Erdgeschoß soll in das Erbe unserer Tochter [Beteiligte zu 2] nach unserem Ableben übergehen.
Ohne Einwilligung der 3 Erbberechtigten darf nichts vermietet oder verkauft werden."
Zum Todeszeitpunkt hatte die Erblasserin bei der L-Bank zwei Darlehen mit einer Restschuld in Höhe von insgesamt 2.829,64 EUR und ein Darlehen bei der Postbank-Zentrale über 1.201,69 EUR. Weitere Schulden bestanden nicht. Die auf dem Grundstück der Erblasserin eingetragenen Grundpfandrechte über 27.000,00 DM, 12.800,00 DM, über 12.500,00 DM und über 28.000,00 DM valutierten nicht mehr. Die Beteiligte zu 2 hatte zum Stichtag 01.07.2015 Darlehensverträge mit einem Schuldenstand von 18.422,30 EUR, 6.387,15 EUR und 7.680,72 EUR. Der Beteiligte zu 1 hatte für den Ausbau des Dachgeschosses ein Darlehen aufgenommen, welches mit 38.682,80 EUR valutierte. Dieses Darlehen war mit einer Grundschuld an dem Wohnungseigentum des Beteiligten zu 1 gesichert.
Nach dem Tod der Erblasserin erklärte der Beteiligte zu 3 am 27.07.2015 formgerecht die Ausschlagung der Erbschaft. Auf Antrag der Beteiligten zu 1 und zu 2 erteilte das Notariat W. als Nachlassgericht durch den Nachlassrichter am 28.07.2015 einen Erbschein, der die Beteiligten zu 1 und zu 2 als Erben aufgrund testamentarischer Erbfolge zu jeweils 1/2 auswies.
Im Jahr 2019 verklagten die Beteiligten zu 1 und zu 2 den Beteiligten zu 3 auf Räumung der von ihm im ersten Obergeschoss des Anwesens bewohnten Räume. Das Landgericht Mosbach - 1 O 95/19 - wies die Klage mit Urteil vom 19.09.2019 ab, weil dem Beteiligten zu 3 mit dem Testament ein Wohnrecht als Vorausvermächtnis zugewandt worden sei, welches von der Ausschlagung nicht berührt werde. Auf die Berufung der Beteiligten zu 1 und zu 2 hob das Oberlandesgericht Karlsruhe - 19 U 124/19 - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2020 das landgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt. Ein Vorausvermächtnis sei dem Testament nicht zu entnehmen. Vielmehr handele es sich bei der Regelung zu der Eigentumswohnung, welche den wesentlichen Wert des Nachlasses bildete, um eine Teilungsanordnung.
Am 07.10.2020 (AS I, 57) erklärte der Beteiligte zu 3 dann zur Niederschrift des Nachlassgerichts die Anfechtung der Ausschlagung der Erbschaft und beantragte die Einziehung des Erbscheins (AS I, 122). Er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass die im Testament erfolgte Zuordnung der Räume im ersten Obergeschoss des Anwesens ein Vorausvermächtnis gewesen sei, welches ihm unabhängig von einer Erbenstellung verbleibe. Ohne diesen Irrtum hätte er die Erbschaft nicht ausgeschlagen.
In der Folge hat der Beteiligte zu 3 weitergehend mitgeteilt, dass die Volksbank von ihm verlangt habe, nicht nur für die Schulden seiner Mutter, sondern auch für die seiner Geschwister über insgesamt 63.000,00 EUR zu haften. In Unkenntnis des § 1967 BGB sei er - auch wegen einer Falschberatung durch seinen Rechtsanwalt - davon ausgegangen, dass er ohne Ausschlagung haften müsse. Auch deswegen sei er zur Anfechtung berechtigt.
Die Beteiligten zu 1 und zu 2 sind dem Einziehungsantrag entgegengetreten. Die Anfechtungserklärung sei bereits verfristet. Der Beteiligte zu 3 habe durch den in der Verhandlung vor dem 19. Zivilsen...