Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält nicht mehr an der Voraussetzung für die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes nach § 1618 S. 4 BGB entsprechend der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2002, 1330) fest, wonach die Einbenennung unerlässlich ist, um konkrete Schäden von dem Kind abzuwenden.
Es ist vielmehr nach dem Wortlaut des § 1618 S. 4 BGB zu prüfen, ob die Einbenennung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Verfahrensgang
AG Mainz (Beschluss vom 26.07.2012; Aktenzeichen 37 F 172/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Mainz vom 26.7.2012 abgeändert und die Zustimmung des Antragsgegners zur Änderung des Familiennamens des betroffenen Kindes von "X" in "Y" ersetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind seit dem Jahr 2001 geschiedene Eheleute. Ihr gemeinsames Kind Z, geboren am ... 1998 in Polen, lebt seit ihrer Trennung im Jahre 2000 bei der Antragstellerin. Diese hat in Deutschland am ... 2003 Herrn Y geheiratet und trägt seitdem den Nachnamen ihres jetzigen Ehemannes. Mitte des Jahres 2004 ist Z von Polen nach Deutschland gezogen. Seitdem findet mangels Interesse des Antragsgegners keinerlei Kontakt mehr zwischen dem Antragsgegner, der nach wie vor in Polen lebt, und seinem Sohn statt.
Nach dem Urteil des Bezirksgerichts in L. vom 5.6.2001 ist der Antragsgegner verpflichtet, für seinen Sohn Kindesunterhalt i.H.v. ... monatlich zu zahlen. Ein Antrag des Antragsgegners auf Herabsetzung des zwischenzeitlich zu zahlenden Kindesunterhalts i.H.v. ... auf ... monatlich wurde durch Beschluss des AG L. vom 16.4.2009 mangels Zuständigkeit eines polnischen Gerichts zurückgewiesen. Kindesunterhalt wurde in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr und davor nur nach Pfändung von Arbeitslohn gezahlt.
Die Antragstellerin erstrebt die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Änderung des Namens des Kindes Z dahin, dass dieses künftig den Familiennamen "Y" trägt. Für Z sei es von sehr großer Bedeutung, dass er den gleichen Namen trägt wie die übrigen Familienmitglieder. Der Antragsgegner interessiere sich nicht für Z und pflege keinen Kontakt zu ihm. Zudem werde Z wegen seines Nachnamens gehänselt.
Der Antragsgegner hat zu der begehrten Namensänderung keine Stellung genommen.
Das AG hat nach Anhörung des Kindes und des Jugendamtes den Antrag der Antragstellerin auf Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Einbenennung des Kindes zurückgewiesen.
Mit der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt hilfsweise die Ersetzung der Einwilligung in die Führung des Doppelnamens "Y-X". Die Antragstellerin macht geltend, für Z sei es sehr belastend, einen anderen Namen zu tragen. Bereits anlässlich der Hochzeit mit ihrem jetzigen Ehemann im Jahr 2003 habe Z gefragt, warum er nicht auch den Nachnamen "Y" tragen könne. Für ihn sei der Familienname ein wesentliches Symbol für die Zugehörigkeit zu seiner neuen Familie. Auch gegenüber seinen Großeltern habe er abends vor dem Einschlafen von sich aus oft diese Belastung angesprochen. Im Grundschulalter habe er sich am Telefon als Z Y gemeldet. Seitdem ihm gesagt worden sei, dass er sich mit seinem richtigen Namen melden solle, melde er sich nur noch mit "Hallo". Auch habe er anlässlich eines zufälligen Zeitungsinterviews bei seiner Teilnahme an dem ...-Marathon in ... im Jahr 2009 seinen Namen mit "Z Y" angegeben. In der Schule komme es häufig zu Ärger und Hänseleien wegen des Nachnamens "X". Nach der mündlichen Anhörung vor dem AG, in der für Z deutlich geworden sei, dass die Rechtspflegerin zu einer Zurückweisung des Antrages tendiere, habe Z äußerst emotional reagiert. Er sei niedergeschlagen gewesen, habe einen verzweifelten Eindruck gemacht, gefragt, ob es wirklich keine Möglichkeiten gebe, "Y" zu heißen und sich nachts übergeben. Auch nach der Zustellung des angefochtenen Beschlusses habe er sehr emotional, jedoch eher leer und frustriert reagiert.
Der Antragsgegner hat auch zu der Beschwerde keine Stellungnahme abgegeben.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 1618 Satz 1 BGB kann einem minderjährigen Kind der Ehename des sorgeberechtigten Elternteils, in dessen Haushalt das Kind lebt, erteilt werden. Dies bedarf nach § 1618 Satz 3 BGB jedoch der Zustimmung des anderen Elternteils, wenn das Kind dessen Namen führt. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils nur ersetzen, wenn die Erteilung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist (§ 1618 Satz 4 BGB). Als für das Kindeswohl erforderlich ist eine Einbenennung nur dann anzusehen, wenn anderenfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu erwarten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das ...