Leitsatz (amtlich)

Beim Verkauf eines Gebrauchtwagens ist ein im Vertrag selbst vereinbarter Gewährleistungsausschluss so auszulegen, dass er die Gewährleistung wegen einer lediglich in einer Internet-Annonce enthaltenen Beschaffenheitsvereinbarung ausschließt (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 29.11.2006 - VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346).

Die zugelassene Revision wurde eingelegt und ist beim BGH unter Az. VIII ZR 152/10 anhängig.

 

Normenkette

BGB § 434 Abs. 1 S. 3, § 444

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 29.09.2009; Aktenzeichen 3 O 697/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Augsburg vom 29.9.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung des Kaufvertrages über einen Oldtimer.

Der Beklagte bot auf der Internetplattform "Autoscout 24" im Mai 2008 einen gebrauchten Pkw Alfa Romeo Spider Duetto Rundheck zum Preis von 18.500 EUR an. In der Annonce sind eine Erstzulassung 11/1969, eine Leistung von 83 KW = 113 PS und ein Hubraum von 1.767 cm3 angegeben (Anlage K2). Die Klägerin, die Fan von Oldtimers der Marke Alfa Romeo ist, ließ das Fahrzeug von einem von ihr beauftragten Kfz-Meister besichtigen und Probe fahren. Nach Rücksprache mit diesem teilte sie dem Beklagten mit, dass sie das Fahrzeug erwerben wolle; die Parteien einigten sich auf einen Kaufpreis i.H.v. 17.500 EUR. Am 14.6.2008 schlossen die Parteien persönlich einen "Kaufvertrag für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug", in dem es u.a. heißt: "Der Verkäufer verkauft hiermit das nachstehend bezeichnete gebrauchte Kraftfahrzeug an den Käufer. Der Verkäufer übernimmt für die Beschaffenheit des verkauften Kraftfahrzeugs keine Gewährleistung. Es sei denn, er verkauft das Kfz als Unternehmer an einen Endverbraucher, in diesem Fall verjährt die Gewährleistungsfrist nach einem Jahr nach Übergabe." Weiter sind in dem Vertrag der Hersteller Alfa Romeo, das Kennzeichen, die Fahrgestellnummer, der Kilometerstand (143.000), die Erstzulassung (21.11.1969) angegeben. Es ist vermerkt "in der Zeit vom 28.2.2006 bis Mitte Juni 2008 unfallfrei" (Anlage K1). Das Fahrzeug wurde mit den Fahrzeugpapieren, die dieselben Angaben wie die Internet-Annonce enthalten, übergeben und der Kaufpreis bezahlt.

Circa drei Wochen nach der Fahrzeugübergabe stellte die Beklagte fest, dass das Fahrzeug mit einem kleineren Motor als angegeben ausgestattet war. In der Berufungsinstanz ist unstreitig, dass tatsächlich ein Motor mit 1.570 cm3 eingebaut ist. Dieser entstammt der Baureihe des Alfa Romeo 1600 Spider Duetto von 1966 bis 1967, während von 1967 bis 1971 der größere Motor mit 1.767 ccm eingebaut wurde (Anlage K10). Der kleinere Motor leistet 109 PS, der größere 118 PS. Nach erfolgloser Aufforderung zur Nacherfüllung mit Schreiben vom 1.9.2009 unter Fristsetzung bis 21.9.2008 erklärte die Klägerin durch ihren Rechtsanwalt mit Schreiben vom 29.9.2008 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit der Klage begehrt sie die Rückerstattung des Kaufpreises i.H.v. 17.500 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie die Erstattung von Ummeldekosten i.H.v. 55 EUR und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 961,28 EUR; weiterhin die Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten.

Das LG Augsburg hat mit Urteil vom 29.9.2009 den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er macht geltend, dass der klägerische Anspruch infolge des Gewährleistungsausschlusses im Kaufvertrag ausgeschlossen sei. Weder der Kaufvertrag noch die Internet-Annonce enthielten eine Garantie für die Beschaffenheit des Fahrzeugs. Zudem sei die Abweichung nur geringfügig und stelle daher eine unerhebliche Vertragsverletzung dar. Ein merkantiler Minderwert sei nicht gegeben.

Der Beklagte beantragt: Unter Abänderung des am 29.9.2009 verkündeten Urteils des LG Augsburg - Geschäftsnummer 3 O 697/09 - wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass der Beklagte zwar das Vorliegen einer Beschaffenheitsgarantie bestritten habe, sich aber nicht gegen eine Beschaffenheitsangabe gewandt habe. Letztere reiche schon dafür aus, dass sich die Beklagte nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen könne; insoweit nimmt die Klägerin auf BGH NJW 2007, 1346 Bezug. Die Abweichung sei auch erheblich, weil beim Kauf von Liebhaberobjekten, wie z.B. Oldtimerfahrzeugen, strengere Maßstäbe bezüglich des Vorhandenseins bestimmter Merkmale zu stellen seien als beim Kauf von anderen Gegenständen. Die Motorart und Größe spiele auch eine entscheidende Rolle für die Zulassung des Fahrz...

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