Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 29. September 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 24. April 1991 erwarb der Beklagte von der Klägerin (damals noch Treuhandanstalt) sämtliche Geschäftsanteile an dem Unternehmen „M. am D. GmbH Damenmoden-Produktions- und Handelsgesellschaft, E.”. Von dem vereinbarten Kaufpreis von 600.000 DM entfielen 244.872 DM auf die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke M. 23 bis 25 in E. Dieser Teil des Gesamtkaufpreises unterlag einer in § 3 Nr. 3 näher geregelten Nachbewertung und war gesondert ausgewiesen.
Der auf Vorschlag des Beklagten mit der Nachbewertung der Grundstücke beauftragte Architekt Sch. ermittelte in seinem Gutachten vom 15. November 1993 einen Verkehrswert von 289.104 DM. Den sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 44.232 DM zu dem im Kaufvertrag ausgewiesenen Kaufpreisteil zahlte der Beklagte an die Klägerin. Diese hielt das Gutachten jedoch für offenbar unrichtig und deswegen nicht bindend und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 19. Juli 1995 unter Fristsetzung zum 15. August 1995 zur Zahlung weiterer 759.696 DM auf. Der Beklagte zahlte nicht.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des genannten Betrages nebst Zinsen begehrt. Das – sachverständig beratene – Landgericht hat der Klage in Höhe von 214.896 DM nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Klägerin, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 243.983,72 DM nebst Zinsen erstrebt hat, ist erfolglos geblieben. Auf die Anschlußberufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage vollständig abgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 458.879,72 DM weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht sieht die Nachbewertungsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes an. Es hält sie nach § 9 AGBG für unwirksam, weil sie den Beklagten in unangemessener Weise benachteiligten. Auch aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung sei der Beklagte nicht zur Zahlung eines höheren Kaufpreises verpflichtet, weil die nach dem Wegfall der unwirksamen Klauseln entstandene Regelungslücke nicht geschlossen werden könne.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
II.
1. Mit unzutreffenden Erwägungen hält das Berufungsgericht den von der Klägerin verfolgten Zahlungsanspruch für unbegründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Nachbewertungsklauseln um Individualvereinbarungen, wie die Klägerin meint, oder Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 AGBG handelt. Denn in beiden Fällen sind die Klauseln wirksam.
a) Die Preisbestimmung unterliegt der freien Disposition der Vertragsparteien. Sie sind daher nicht gehindert, bei dem Verkauf von Grundstücken deren spätere Nachbewertung mit der Folge einer eventuellen Änderung des Kaufpreises zu vereinbaren. Das kann sowohl individualvertraglich als auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geschehen.
b) Gegen die Wirksamkeit individuell ausgehandelter Nachbewertungsklauseln bestehen von vornherein keine Bedenken. Handelt es sich dagegen um Allgemeine Geschäftsbedingungen, sind sie nach der Entscheidung des Senats vom 26. Januar 2001 (V ZR 542/99, WM 2001, 642, 643 f [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]) ebenfalls wirksam.
c) Die Klauseln sind nicht so ungewöhnlich, daß sie nach § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Dem hier maßgeblichen Erwerberkreis (Investoren) mußte nämlich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen sein, daß es im Beitrittsgebiet noch keinen funktionsfähigen Grundstücksmarkt gab und deswegen die Vereinbarung eines angemessenen Kaufpreises vielfach nicht möglich war. Auch lag es auf der Hand, daß die Grundstückspreise jedenfalls zunächst einmal stiegen. Hier kommt noch hinzu, daß der auf die Grundstücke entfallende Kaufpreisanteil ausdrücklich zum Zweck der Nachbewertung gesondert ausgewiesen wurde. Das beinhaltet im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen zugleich, daß der der Höhe nach bereits vereinbarte Kaufpreis nur ein vorläufiger sein sollte. Damit ist es ausgeschlossen, den Klauseln einen Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt (vgl. Senat, BGHZ 109, 197, 201) beizumessen.
Auch eine erhebliche Abweichung vom dispositiven Recht, die ebenfalls eine Ungewöhnlichkeit im Sinne des § 3 AGBG begründen kann (Senatsurt. v. 26. Mai 2000, V ZR 49/99, WM 2000, 2099, 2100 m.w.N.), liegt nicht vor. Die in Nr. 4 der Anlage IX zum Vertrag über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 (Erster Staatsvertrag, BGBl. II S. 518, 566) enthaltenen Grundsätze, nach denen bereits vor dem 3. Oktober 1990 wegen eines fehlenden funktionsfähigen Grundstücksmarkts und entsprechender Marktpreise im Beitrittsgebiet eine Nachbewertung auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden konnte (Senatsurt. v. 26. Januar 2001, aaO), sind auf die hier streitigen Klauseln anwendbar, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht wesentlich von den vor dem 3. Oktober 1990 unterschieden.
d) Die Klauseln unterliegen auch keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG, denn es handelt sich um Preishauptabreden. Sie bestimmen unmittelbar den endgültigen Preis für die Grundstücke, indem sie solche Regelungen treffen, die auch aus der Sicht des Beklagten klar und verständlich die zukünftige, bei Vertragsschluß noch nicht ausreichend bezifferbare Geldforderung nach allgemeinen Kriterien deutlich bestimmbar umschreiben. Das macht sie nach § 8 AGBG kontrollfrei, selbst wenn die endgültige Höhe des Kaufpreises noch nicht beziffert wird (Senatsurt. v. 26. Januar 2001, aaO).
Da die Klauseln auch kein einseitiges Leistungsänderungsrecht für die Klägerin begründen, wird der Anwendungsbereich der §§ 9 bis 11 AGBG, aus diesem Gesichtspunkt ebenfalls nicht eröffnet.
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für die Höhe des Anspruchs erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. Falls sich dabei ergibt, daß sich die von den Vertragsparteien in erster Linie gewollte Bestimmung des endgültigen Kaufpreises durch einen Sachverständigen als nicht durchführbar erweist, weil der in den Nachbewertungsklauseln vereinbarte Verfahrensweg zur Einholung des Sachverständigengutachtens nicht mehr gangbar ist, wird das Berufungsgericht die Leistungsbestimmung durch Urteil (§ 319 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. BGB) treffen müssen (Senatsurt. v. 7. April 2000, V ZR 36/99, WM 2000, 2104, 2105).
Unterschriften
Wenzel, Lambert-Lang, Tropf, Lemke, Gaier
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.05.2001 durch Kanik Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 600060 |
WM 2001, 1305 |
NJOZ 2001, 1600 |