Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Juli 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Kaufpreiszahlung nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Die Beklagte hat dagegen form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Mit einem am 11. März 1999 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Verlängerung der an diesem Tag ablaufenden Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. Mit Verfügung vom 12. März 1999 ist diese Frist bis zum 25. März 1999 verlängert worden.
In der Nacht vom 25. auf den 26. März 1999 ist die Rechtsmittelbegründung durch insgesamt drei Telefaxübertragungen beim Berufungsgericht eingegangen. Die erste Übertragung hat die Seiten 1–4, die zweite Sendung erneut die Seite 1 mit den Seiten 5–10 und die dritte Übertragung vorweg die – vom Prozeßbevollmächtigten der Beklagten unterschriebene – Seite 16 und sodann die Seiten 11–15 zum Inhalt. Die einzelnen Übersendungen weisen in ihren Faxsendevermerken als Beginn der Übertragung jeweils folgende Zeiten aus: 25.3., 23.43 Uhr; 26.3, 0.02 Uhr; 26.3., 0.06 Uhr. Das Empfangsgerät des Oberlandesgerichts hat als Beginn der Übertragung jeweils aufgedruckt: 25.3, 23.47 Uhr; 26.3., 0.06 Uhr und 0.10 Uhr. Die Seite 1 der Berufungsbegründung trägt in der Fassung der ersten Übertragung das Datum „25.03.99”, in der Fassung der zweiten Sendung dagegen das Datum „26.03.99”.
Am 26. März 1999 ist das Original der Berufungsbegründungsschrift beim Oberlandesgericht eingegangen; es trägt das Datum vom 25.3.1999.
Nach einem per Telefax am 27. April 1999 erfolgten Hinweis des Gerichts auf die Fristüberschreitung hat die Beklagte mit am 11. Mai 1999 beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Prozeßbevollmächtigter habe erst am 16. März 1999 erfahren, daß die Berufungsbegründungsfrist nur bis zum 25. März 1999 verlängert worden sei. Deshalb hätte eine notwendige Besprechung zur Information des Rechtsanwalts kurzfristig auf den 25. März 1999 vorgezogen werden müssen.
Das Oberlandesgericht hat durch Urteil vom 15. Juli 1999 den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese weiterhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist sowie die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht begehrt.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, weil die Beklagte, die die Beweislast für die Fristwahrung trage, das Gericht nicht davon habe überzeugen können, daß die unterschriebene Berufungsbegründung bis spätestens 24.00 Uhr am 25. März 1999 eingegangen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist könne schon deshalb nicht gewährt werden, weil der entsprechende Antrag von der Beklagten nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellt worden sei. Bei der gebotenen Sorgfalt hätte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten bereits am 26. März 1999 erkannt, daß die (von ihm unterschriebene) Berufungsbegründungsschrift erst nach Ablauf des 25. März 1999 eingegangen sei.
Auf den entsprechenden Antrag der Beklagten könne auch nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verzichtet werden, da zum Zeitpunkt der Einreichung der Berufungsbegründungsschrift die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung nicht offenkundig gewesen seien. Abgesehen davon habe die Beklagte auch nicht vorgetragen, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die fragliche Frist unverschuldet versäumt habe. Ohne Bedeutung sei, daß die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. Mai 1999 vorsorglich eine zweite Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt habe. Da dieser Antrag nach Ablauf der bis zum 25. März 1999 verlängerten Frist eingegangen sei, scheide eine neuerliche Verlängerung ohne weiteres aus.
II. Die gemäß § 547 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Revision hat keinen Erfolg.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Rechtsmittelbegründung der Beklagten nicht mehr innerhalb der bis zum 25. März 1999 verlängerten Frist eingegangen ist.
a) Ohne Erfolg verweist die Revision darauf, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe im Wiedereinsetzungsgesuch an Eides Statt versichert, nach seiner Ansicht sei die Telefaxübermittlung rechtzeitig gelungen. Dies habe eine Überprüfung anhand seiner batteriebetriebenen Armbanduhr ergeben.
Dadurch wird die im Wege des Freibeweises gewonnene gegenteilige Feststellung des Berufungsgerichts nicht erschüttert. Zu Recht hat das Oberlandesgericht berücksichtigt, daß bei Beginn der Übermittlung des dritten Teils der Berufungsbegründungsschrift (S. 11–16 mit der Unterschrift auf der letzten Seite) Mitternacht sowohl nach dem Ausdruck des Sende- wie auch des Empfangsgerätes bereits verstrichen war. Die Uhr des Sendegerätes zeigte 0.06 Uhr an, diejenige des Empfangsgerätes 0.10 Uhr. Zulässigerweise hat das Oberlandesgericht seine Überzeugung auch darauf gestützt, daß nach einer Auskunft des zuständigen Beamten der dortigen Posteingangsstelle die Uhr am gerichtlichen Faxgerät maximal ein bis zwei Minuten vorgehe und es auszuschließen sei, daß diese Uhr um zehn Minuten vorgehe. Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht in seine Beweiswürdigung den Umstand einbezogen hat, daß die Seite 1 bei der zweiten Übersendung das aufgedruckte Datum „26.03.1999” enthalten hat. Die Überlegung, dies sei darauf zurückzuführen, daß die mit einem Computer gefertigte Schrift dieses Datum deshalb trage, weil die programmierte Datenangabe nach Mitternacht automatisch das aktuelle Datum angegeben habe, ist frei von Rechtsfehlern.
Das Oberlandesgericht war unter Berücksichtigung dieser Umstände nicht gehindert festzustellen, dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sei es mit seinem Hinweis auf seine gegenteiligen Feststellungen anhand seiner batteriebetriebenen Armbanduhr nicht gelungen, das Gericht von der Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung zu überzeugen. Zu Recht hat das Gericht dabei angenommen, daß die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelbegründung den Rechtsmittelführer trifft (Senat, Beschl. v. 30. Januar 1991 – VIII ZB 44/90 = VersR 1991, 896 unter II 2 b).
b) Es begegnet auch keinen Bedenken, daß das Oberlandesgericht maßgeblich auf die Übersendung des dritten Teils der Rechtsmittelschrift (S. 11–16) abgestellt hat. Die telekopierte Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten befand sich allein auf der Seite 16 der Berufungsbegründungsschrift.
Demgegenüber ist es nicht von Bedeutung, daß die Seiten 1 bis 4 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts noch vor Mitternacht eingegangen sind. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf bei Telefaxübertragungen bei der Prüfung der Frage, ob die Frist gewahrt ist, nur der Teil des Schriftsatzes berücksichtigt werden, der rechtzeitig ausgedruckt worden ist (Beschl. v. 4. Mai 1994 – XII ZB 21/94 = NJW 1994, 2097 unter II 2). Diese Seiten tragen nicht die telekopierte Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Eine Berufungsbegründungsschrift bedarf aber als bestimmender Schriftsatz zu ihrer Wirksamkeit der Unterschrift eines beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalts (BGHZ 97, 251, 253).
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt.
a) Zutreffend hat das Oberlandesgericht die Versagung darauf gestützt, daß die Beklagte die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO nicht eingehalten habe.
Diese Frist beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist, das der Fristwahrung entgegenstand. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Zeitpunkt, zu dem die Partei oder ihr Rechtsanwalt erkannt hat oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, daß die Rechtsmittelfrist versäumt war (Senat, Beschl. v. 13. Mai 1992 – VIII ZB 3/92 = NJW 1992, 2098 unter II 2 m.w.Nachw.). Das war hier der 26. März 1999. Der Prozeßbevollmächtigte hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt noch an diesem Tage erkennen müssen, daß die von ihm übersandte Berufungsbegründung verspätet war. Der Inhalt des Sendeaufdrucks seines Faxgerätes (26.3.; 0.06 Uhr) war bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hinreichender Anlaß, sich unverzüglich beim Oberlandesgericht zu vergewissern, ob der Schriftsatz vielleicht dennoch rechtzeitig eingegangen sei. Bei der gebotenen Nachfrage wäre dem Rechtsanwalt bestätigt worden, daß die Frist versäumt war. Daß er dies, möglicherweise im Vertrauen auf die Genauigkeit seiner batteriebetriebenen Armbanduhr, unterließ, gereicht ihm zum Vorwurf.
Die danach in Gang gesetzte Frist des § 234 Abs. 1 ZPO war verstrichen, als der Antrag auf Wiedereinsetzung beim Oberlandesgericht am 11. Mai 1999 einging.
b) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht der Beklagten nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO gewährt. Die entsprechende Erwägung des Gerichts, zum Zeitpunkt der Einreichung der Berufungsbegründungsschrift seien die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung weder offenkundig noch aktenkundig gewesen, ist frei von Rechtsfehlern.
Zwar war dem Gericht bekannt, daß die Berufungsbegründungsfrist für die Beklagte nicht, wie beantragt, um einen Monat, sondern um lediglich zwei Wochen verlängert worden war. Dies war aber kein Anlaß für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen. Die Revision macht in diesem Zusammenhang geltend, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes darauf vertrauen dürfen, daß seinem erstmaligen, mit ausreichenden Gründen versehenen Antrag auf Fristverlängerung um einen Monat in dem begehrten Umfang stattgegeben werde (vgl. z.B. BVerfG NJW 1998, 3703; BGH, Beschluß vom 24. Oktober 1996, VII ZB 25/96, NJW 1997, 400; vgl. aber auch BGH, Beschluß vom 14. Oktober 1993 – LwZB 2/93, NJW 1994, 55, wonach das Vertrauen darauf, daß eine erstmalige Fristverlängerung auch in dem beantragten Umfang gewährt wird, nicht geschützt ist). Hierauf kommt es aber nicht an, weil die Verfügung des stellvertretenden Vorsitzenden über die Verlängerung der Berufungsfrist (nur) bis zum 25. März 1999 dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ausweislich der Gerichtsakten am 17. März 1999 zugestellt worden ist. Nach seinem eigenen Vorbringen ist er schon am Tag zuvor, dem 16. März 1999, telefonisch durch das Oberlandesgericht von der Fristverlängerung bis zum 25. März 1999 unterrichtet worden. Seit diesem Tag war ihm also bekannt, daß seinem Fristverlängerungsantrag nur teilweise stattgegeben worden war und somit zur Anfertigung der Berufungsbegründung (nur) noch neun Tage zur Verfügung standen. Daß dieser Zeitraum aufgrund besonderer Umstände möglicherweise nicht ausreichend sein könnte, war für das Gericht nicht erkennbar. In einem solchen Fall wäre zu erwarten gewesen, daß der Anwalt der Beklagten unter näherer Darlegung der Situation eine erneute, gegebenenfalls nur kurze Fristverlängerung beantragt hätte; dies ist nicht geschehen. Keinesfalls mußte sich ein solcher Sachverhalt dem Gericht von sich aus aufdrängen.
Mithin war ein Wiedereinsetzungsgrund für das Berufungsgericht weder aktenkundig noch offenkundig; für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen bestand daher kein Anlaß.
Da das Berufungsgericht auch zu Recht dem nach Ablauf der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Antrag auf neuerliche Verlängerung dieser Frist keine Beachtung geschenkt hat, kann die Verwerfung der Berufung als unzulässig insgesamt nicht beanstandet werden.
Unterschriften
Dr. Zülch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.03.2000 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 557124 |
NJW-RR 2000, 1591 |