Ausübung einer Verlängerungsoption bei der Gewerbemiete unterliegt nicht der Schriftform
Hintergrund: Mieter zieht Verlängerungsoption per Computerfax
Die Vermieterin und die Mieterin eines Gewerbeobjekts streiten über den Fortbestand des Mietverhältnisses.
Die Mieterin hatte das Objekt mit 640 Quadratmetern Nutzfläche nebst einer Garage und 15 Stellplätzen ab Februar 2006 vom seinerzeitigen Eigentümer gemietet. Im Mitvertrag ist eine Laufzeit bis zum 31.1.2015 vereinbart. Ferner sieht der Mietvertrag vor, dass die Mieterin eine Verlängerung des Mietverhältnisses um zehn Jahre über den vereinbarten Beendigungstermin hinaus verlangen kann, wenn sie das Optionsrecht spätestens fünf Monate vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit ausübt.
Seit Juni 2014 stand das Mietobjekt unter Zwangsverwaltung. Am 27.8.2014 teilte die Mieterin dem Zwangsverwalter per Computerfax ohne Unterschrift mit, dass sie ihr Optionsrecht ausübe und sich der Mietvertrag damit um zehn Jahre verlängere.
Im Januar 2015 erwarb die derzeitige Vermieterin das Objekt in der Zwangsversteigerung. Im September 2015 kündigte sie das Mietverhältnis zum 31.3.2016. Sie meint, die Mieterin habe die Verlängerungsoption nicht wirksam ausgeübt, da die Schriftform des § 550 BGB nicht eingehalten sei.
Entscheidung: Optionsausübung erfordert keine Schriftform
Die Mieterin hat die Verlängerungsoption wirksam ausgeübt, so dass die Laufzeit des Mietvertrages bis zum 31.1.2025 verlängert wurde.
Die Optionsklausel gab der Mieterin das Recht, das befristete Mietverhältnis durch eine einseitige Willenserklärung um zehn Jahre zu verlängern. Mit dem Computerfax vom 27.8.2014 hat die Mieterin rechtzeitig fünf Monate vor Ende der Vertragslaufzeit eine solche Erklärung abgegeben.
Dass die Mieterin die Verlängerungsoption durch ein nicht unterschriebenes Computerfax ausgeübt hat, stellt keinen Verstoß gegen die Schriftform des § 550 BGB dar. Die Ausübung einer Verlängerungsoption ist nicht schriftformbedürftig.
§ 550 BGB greift nicht ein, wenn einer Partei bereits im Mietvertrag die Möglichkeit eingeräumt ist, durch einseitige Willenserklärung eine Änderung der Vertragswirkungen herbeizuführen, und sie dann von dieser Möglichkeit Gebrauch macht. In diesem Fall muss nur die ursprüngliche vertragliche Bestimmung der Schriftform entsprechen. Entspricht dann die Ausübung des Änderungsrechts nicht der Schriftform, schadet dies der Laufzeit des Mietvertrages nicht.
Die Optionsausübung ist mit dem Zwangsverwalter auch dem richtigen Adressaten zugegangen. Mit der Bestellung eines Zwangsverwalters wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung seines Grundstücks entzogen und dem Zwangsverwalter zur Ausübung übertragen. Der Zwangsverwalter ist einerseits berechtigt, alle Rechte des Vermieters geltend zu machen, andererseits aber auch für einseitige, den Vertrag betreffende Willenserklärungen des Mieters wie etwa dessen Kündigung allein empfangszuständig. Eine Verlängerungsoption ist während der Zwangsverwaltung daher ihm gegenüber auszuüben.
(BGH, Urteil v. 21.11.2018, XII ZR 78/17)
Weitere BGH-Entscheidungen zur Schriftform:
BGH: Kurzfristige Ergänzung des Mietvertrages erfordert keine Schriftform
BGH: Anpassung der Miete nach Indexänderung kann Schriftform unterliegen
BGH: Doppelte Schriftformklausel verhindert mündliche Vertragsänderung nicht
BGH: Vertragsübernahme kann Schriftform des Mietvertrags zerstören
BGH: Grundstückskäufer muss Schriftformmangel nicht heilen
BGH: Anpassung von Nebenkosten zerstört Schriftform nicht
§ 550 BGB Form des Mietvertrags
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
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