Vertragsübernahme kann Schriftform des Mietvertrags zerstören
Hintergrund
Die Mieterin eines Gewerbeobjekts verlangt die Feststellung, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist und ordentlich gekündigt werden kann.
Der Mietvertrag von August 1995 sieht eine Laufzeit von 15 Jahren sowie eine einmalige Verlängerungsoption von fünf Jahren für die Mieterin vor. Im Jahr 2001 kaufte die jetzige Mieterin (Käuferin) das Unternehmen der ursprünglichen Mieterin (Verkäuferin) im Wege eines Asset Deal. Sie übernahm die Gesamtheit der einzelnen Wirtschaftsgüter der Verkäuferin, nicht aber deren Gesellschaftsanteile.
Im Kauf- und Übertragungsvertrag war vereinbart, dass die Käuferin anstelle der Verkäuferin in alle Rechte und Pflichten aus den in einer Anlage aufgeführten Verträgen eintritt. Die Anlage enthielt eine tabellarische Aufstellung von Mietobjekten, jedoch ohne deren Ort und die Daten der Mietverträge zu nennen.
Im Dezember 2009 machte die Vermieterin geltend, die ursprüngliche Mieterin habe bereits 1998 die Verlängerungsoption ausgeübt. Deshalb ende der Mietvertrag erst zum 31.8.2015.
Die Mieterin meint, der Mietvertrag laufe mangels Einhaltung der Schriftform auf unbestimmte Zeit und sei daher nach § 580 a Abs. 2 BGB ordentlich kündbar.
Entscheidung
Der BGH gibt der Mieterin Recht.
Durch die Vertragsübernahme ist die Mieterin anstelle der Verkäuferin in den Mietvertrag eingetreten. Die Vermieterin hat dies durch schlüssiges Verhalten genehmigt, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
Der Mietvertrag wahrt jedoch nach der Vertragsübernahme nicht mehr die Schriftform, die für eine feste Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderlich wäre. Der Vertrag gilt deshalb als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Schriftform verlangt zumindest gedankliche Verbindung der Schriftstücke
Die Schriftform des § 550 BGB ist nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses – aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Wenn Vereinbarungen in Anlagen ausgelagert werden, muss die Zusammengehörigkeit der Schriftstücke zweifelsfrei kenntlich sein. Dies kann auch als gedankliche Verbindung durch eine Bezugnahme geschehen. Da die Angabe der Vertragsparteien zum wesentlichen Vertragsinhalt gehört, ist der Wechsel der Vertragsparteien auch vom Schriftformerfordernis umfasst. Der Mieterwechsel muss zur Wahrung der Schriftform dergestalt beurkundet sein, dass sich die vertragliche Stellung des neuen Mieters im Zusammenhang mit dem zwischen dem vorherigen Mieter und dem Vermieter geschlossenen Mietvertrag ergibt.
Diese Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt. Im Übertragungsvertrag fehlt ein hinreichender Bezug zum Mietvertrag. Der Verweis auf die Anlage, in der die Mietverhältnisse tabellarisch aufgeführt sind, reicht nicht aus, um eine ausreichende gedankliche Verbindung zum ursprünglichen Mietvertrag herzustellen. Auch die Angaben der Miethöhe im Mietvertrag einerseits und in der Anlage zum Übertragungsvertrag andererseits stimmten nicht überein. Einem späteren Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in das Mietverhältnis eintritt (§ 566 Abs. 1 BGB), ermöglichen diese Angaben nicht, Gegenstand, Parteien und Bedingungen des Mietvertrags mit der erforderlichen Sicherheit aus den schriftlichen Vertragsunterlagen zu ersehen.
(BGH, Urteil v. 11.12.2013, XII ZR 137/12)
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