Vermieter darf Mindest-Müllmenge abrechnen
Hintergrund: Vermieter stellt Umlage der Müllgebühren um
Die Mieter einer Wohnung streiten mit der Vermieterin über die korrekte Umlage von Kosten für die Müllbeseitigung.
Ursprünglich legte die Vermieterin diese Kosten in der Betriebskostenabrechnung nach Wohnfläche auf die Mieter um. Ab 2008 legte sie die Kosten nach vorheriger Ankündigung nur noch zu 30 Prozent nach Wohnfläche und im Übrigen nach dem erfassten Volumen um. Im Jahr 2008 wurden für den Zweipersonenhaushalt der Mieter 95 Liter Restmüll erfasst und abgerechnet und 65 Liter im Jahr 2009.
Im Dezember 2009 teilte die Vermieterin mit, die zur Erfassung installierte Abfallschleuse werde noch nicht von allen Haushalten benutzt, die Abfallsatzung der Gemeinde sehe aber ein zu bezahlendes Mindestvolumen vor. Daher werde sie ab 2010 eine Mindestmenge ansetzen - für einen Zweipersonenhaushalt zehn Liter pro Woche, mithin 520 Liter im Jahr. Die Kosten würden weiterhin zu 30 Prozent nach der Wohnfläche und zu 70 Prozent nach Verursachung - unter Berücksichtigung der Mindestmenge - verteilt.
Die Mieter meinen, die Vermieterin dürfe in den Betriebskostenabrechnungen 2010 und 2011 nicht die Mindestmenge ansetzen, sondern nur die tatsächlich erfasste Menge von 70 beziehungsweise 60 Litern Restmüll.
Entscheidung: Ansatz von Mindestmenge zulässig
Der BGH gibt der Vermieterin Recht. Bei der Abrechnung der Betriebskosten der Müllbeseitigung darf der Vermieter eine angemessene Mindestmenge bei der Verursachung von Restmüll berücksichtigen. § 556a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB gestattet dies.
Nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Damit steckt das Gesetz einen Rahmen ab, innerhalb dessen sich die Umlegung verbrauchs- oder verursachungsabhängiger Betriebskosten bewegen muss, wenn Verbrauch oder Verursachung erfasst werden. Der Abrechnung muss ein Maßstab zugrunde liegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der Verursachung „Rechnung trägt“, das heißt, sie angemessen berücksichtigt.
Vermieter hat Spielraum bei der Umlage
Hierbei besteht ein gewisser Spielraum für die Ausgestaltung der Umlage. Der Vermieter muss solche Betriebskosten nicht zu 100 Prozent nach Verbrauch beziehungsweise erfasster Verursachung umlegen, sondern kann in gewissem Umfang auch verbrauchs- oder verursachungsunabhängige Kostenbestandteile in die Umlage einbeziehen. Hiernach ist es nicht zu beanstanden, bei der Umlage der Kosten für die Restmüllentsorgung eine angemessene Mindestmenge anzusetzen. Den dabei eingeräumten Spielraum hat die Vermieterin nicht überschritten.
§ 556a Abs. 2 Satz 1 BGB gestattet es, eine verursachungsgerechte Abrechnung auch unter Berücksichtigung eines Festanteils vorzunehmen, denn diese Bestimmung berechtigt den Vermieter, die Betriebskosten "ganz oder teilweise" nach einem Maßstab umzulegen, der der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Aus dem Gesetzeswortlaut („teilweise“) folgt, dass der kombinierte Ansatz einer festen Mindestmüllmenge bei der Kostenumlage zulässig ist.
Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Regelung unter anderem das Ziel, mehr Abrechnungs- und Kostengerechtigkeit zu schaffen. Dem trägt die Berücksichtigung einer angemessenen Mindestmenge an Restmüll Rechnung. Zwar können in gewissem Umfang Mieter benachteiligt werden, die tatsächlich weniger Abfall verursachen. Andererseits wird dem Anreiz entgegengewirkt, Abfall anderweitig zu entsorgen, um Betriebskosten zu sparen.
Vermieter konnte Abrechnungsmaßstab erneut ändern
Obwohl die Vermieterin die Umlage der Kosten für die Müllentsorgung bereits ab 2008 geändert hatte, konnte sie den Abrechnungsmaßstab ab 2010 erneut ändern. Der Vermieter kann sein Bestimmungsrecht aus § 556a Abs. 2 BGB nicht nur einmal ausüben.
Die Änderung des Abrechnungsmaßstabes wirkt zwar nur für die Zukunft (§ 556a Abs. 2 Satz 1 BGB) und ist nur vor Beginn des Abrechnungszeitraums zulässig (§ 556a Abs. 2 Satz 2 BGB). Dies schließt jedoch nicht aus, das Änderungsrecht für einen künftigen Abrechnungszeitraum erneut auszuüben. Dies ist auch sachgerecht, denn die Überprüfung, ob der gewählte Maßstab noch dem Gerechtigkeitsgebot entspricht, ist von den tatsächlichen Gegebenheiten abhängig und kann nach Ablauf des Abrechnungszeitraums unter Umständen korrekturbedürftig sein.
BGH Urteil vom 06.04.2016 - VIII ZR 78/15
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