Expo Real 2020 abgesagt: Die Messe hat sich verzockt

Die Koffer waren gepackt, das Hotel gebucht, die Podiumsteilnehmer aufwendig gebrieft. Dirk Labusch, Chefredakteur der "Immobilienwirtschaft", war gut gerüstet auf dem Sprung nach München zur Expo Real. Dann die – ärgerlich kurzfristige – Absage des einstigen Mega-Branchen-Events. Der Anfang vom Ende?

Es war von vornherein ein Risiko. Aber wenn das gut gegangen wäre, welches Signal wäre in die Welt gesendet worden, eines von Aufbruch und vor allen Dingen: "Die Expo Real ist die erste nennenswerte Immobilienveranstaltung, bei der die Branche wieder präsent war." Doch man muss es so klar sagen: Die Messe München hat sich verzockt.

Und jetzt? Häme? Ich selber bin gespalten. Das Risiko der Hybrid-Veranstaltung war groß. Aber war ich nicht selber unglaublich neugierig darauf, wie es wohl sein würde, wenn sich jedenfalls ein Teil der Branche wieder begegnet und sei er auch noch so klein? Man hätte sich als Kernfamilie fühlen können, das Zusammengehörigkeitsgefühl wäre noch stärker geworden und aus diesem kleinen (mutigen?) Häuflein wäre vielleicht etwas von Unverzagtheit, Power und Spirit auf den Rest der Immobiliengroßfamilie übergeschwappt.

Mehr als ein Schuss vor den Bug

Am Ende werden sich diejenigen bestätigt fühlen, die zu Hause blieben, jener große Teil von vermeintlich Kleinmütigen in der Branche, der nicht damit rechnete, dass die diesjährige Expo irgendeinen positiven Effekt für sie haben könnte. Sie haben nicht mitgemacht bei diesem Spiel, und – sie hatten Recht. Die Messeverantwortlichen haben es ihnen auch leicht gemacht, waren sie doch nicht bereit, bei ihrer Preispolitik nennenswerte Abschläge zu machen und einmal etwas völlig Neues zu probieren. Gerade die rein virtuelle Teilnahme war teuer, so teuer, dass sich in den sozialen Medien immer wieder Häme breitmachte. Irgendwo wünschte man dieser Messe, so schien es bisweilen, den Schuss vor den Bug.

Einen Schuss hat es gegeben. Aber er ging voll ins Gemächt. Der Schaden ist beträchtlich. Die Messe hat viel gewagt und viel verloren. Kann passieren, wenn man spielt. Besonders ärgerlich: Das Spiel hätte vielleicht gewonnen werden können, wenn die Messe München am ursprünglichen Expo-Real-Termin festgehalten hätte. Eine Woche hätte möglicherweise viel ausgemacht. Welch müßige Gedanken.

Kein Plan B

Ich hätte es gern gesehen, wenn die hybride Expo Real tatsächlich die Normalität eingeläutet hätte. Das Ärgerliche für mich, der moderierend einen aktiven Part gehabt hätte, ist die gesamte Vorbereitung, die nun doch ziemlich umsonst war. Und es bleibt der Eindruck: Das riskante Spiel, das die Messe gespielt hat, hat sie ein Stück weit auch auf unserem Rücken gespielt. Denn hatte es vorher in unserem Podcast noch geheißen, der virtuelle Teil der Messe finde in jedem Fall statt, auch wenn die Präsenzmesse ausfalle, so heißt es in der Absage-Pressemeldung nun – und wir reiben uns verwundert die Augen – dass eine rein digitale Veranstaltung schon deshalb keinen Sinn gemacht hätte, weil „beim Hybrid-Summit beide Formate miteinander verwoben sind und sich gegenseitig bedingen“. Aha!

Die Absage der Expo Real ist für die Messe München ein großer Schlag. Aber es wäre zu leicht, die Verantwortlichen mit dem Argument davonkommen zu lassen, die Absage liege außerhalb ihrer Verantwortung genauso wie Covid außerhalb der Verantwortung der Messe liegt, man habe so handeln müssen, um den Schutz der Teilnehmer zu gewährleisten. Das wäre zu billig. Covid 19 ist wahrscheinlich in China entstanden. Das Messekonzept mitten in München. Ich bin gespannt, ob es den Verantwortlichen gelingt, die Immobilienwelt bis zum nächsten Jahr zu versöhnen. Denn dass Größe kein Wert an sich ist, dass die großen ganz schnell ganz klein werden können, zeigt die Geschichte tausendfach.

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