Bürokratie kostet jährlich 146 Mrd. Euro an Wirtschaftsleistung

Eine neue Studie des ifo Instituts im Auftrag der IHK für München und Oberbayern zeigt, wie weit tatsächlich überbordende Bürokratie den Wirtschaftsstandort Deutschland belastet. Dem Staat entgingen bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an Wirtschaftsleistung. Da die Forscher auch die indirekten Kosten berechneten, ist dieser Betrag damit doppelt so hoch wie bei anderen Schätzungen. Bürokratische Vorgänge seien für Firmen deutlich umständlicher als in Ländern mit niedrigem Bürokratieniveau wie Schweden. Die Digitalisierung der Verwaltung spiele bei dem Abbau der Bürokratie eine große Rolle.

Die vom ifo-Team berechneten Gesamtkosten der wirtschaftlichen Belastungen durch überbordende Bürokratie sind mit 146 Milliarden mehr als doppelt so hoch wie beispielsweise die des Normenkontrollrates, der auf Kosten in Höhe von 65 Milliarden Euro kam. „Das große Ausmaß der Kosten durch die Bürokratie verdeutlicht die Dringlichkeit des Reformbedarfs. Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert “, sagt Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien und Co-Autor der Studie.

Die ifo-Studie beziffert erstmals, wie stark Bürokratie und fehlende Digitalisierung unsere Unternehmen tatsächlich ausbremsen“, sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern.

Es darf nun keinen Verzug mehr geben. Ein sofortiges Bürokratiemoratorium muss her.

Methoden der Studie

Grundlage für die Berechnungen der ifo-Forscher war ein „Bürokratie-Index“, der für eine Vielzahl von Ländern den Bürokratieaufwand in für die Wirtschaft und Unternehmen relevanten Bereichen multidimensional abbildet. Auf Basis dieses Datensatzes identifizierten die Forschenden Länder, die tiefgreifende Bürokratiereformen umgesetzt haben, und verfolgten deren wirtschaftliche Entwicklung über die Zeit.

Als Datenquelle für die zentrale zu erklärende Variable, dem realen BIP pro Kopf, wurden Daten der Weltbank zu den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen einzelner Länder herangezogen.

Vergleich mit Schweden

Auf Basis dieser Ergebnisse simulieren sie die Wirkung einer Bürokratiereform, die Deutschland auf das niedrige Bürokratieniveau von Schweden, dem Spitzenreiter im Bürokratie-Index, gebracht hätte.

Ein Beispiel, um die Unterschiede zwischen beiden Ländern zu verdeutlichen: In Deutschland ist der Erfüllungsaufwand pro Jahr für Steuererklärungen fast doppelt so hoch wie in Schweden (Deutschland: 218 Stunden, Schweden: 122 Stunden). In Deutschland sind sechs bürokratische Vorgänge notwendig (bzw. 52 Stunden), um Immobilieneigentum anzumelden, während in Schweden nur ein Vorgang genügt (bzw. 7 Stunden).

Bedeutung der Digitalisierung

Auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kann einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des bürokratischen Aufwands leisten, folgerten die Studienmacher. Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf das Niveau von Dänemark aufschließen, wäre die Wirtschaftsleistung um 96 Milliarden Euro pro Jahr höher.

Allerdings ergaben die ifo-Schätzungen auch, dass der Effekt eines grundlegenden Bürokratieabbaus auf die Wirtschaftsleistung doppelt so groß sei wie der eines Digitalisierungsschubs. Zwar könnten die aktuellen Digitalisierungsmaßnahmen den Erfüllungsaufwand verringern – etwa durch das elektronische Ausfüllen und die digitale Übermittlung von Formularen statt in Papierform – doch werden die Potenziale der Digitalisierung durch solche Maßnahmen mit einem nur recht geringen digitalen Reifegrad nicht voll ausgeschöpft.

Notwendig seien vielmehr verstärkt wirksame digitale Verwaltungsleistungen mit einem hohen digitalen Reifegrad und mit nutzerfreundlichen, vollständig Ende-zu-Ende digitalisierten oder sogar automatisierten Prozessen. Die Unternehmen bräuchten so zum Beispiel einen zentralen Online-Zugang zu allen wirtschaftsrelevanten Leistungen und bundesweit einheitliche, nutzerfreundliche Lösungen.

Einzelheiten zur Studie lesen Sie hier.


Schlagworte zum Thema:  Öffentliche Verwaltung, Digitalisierung