Diskriminierung von Sinti und Roma in Hannover

Eine Studie hat ergeben, dass Sinti und Roma von der Stadt Hannover diskriminiert worden sind. So sei Antiziganismus in Wohnungs- und Bauämtern, Sozialleistungsbehörden, Schulen und Gesundheitsämtern in den Jahren 2013 bis 2019 festzustellen gewesen. Hannover will nun zur Sensibilisierung beitragen.

Vor zwei Jahren deckte eine Studie auf, wie Sinti und Roma in einer deutschen Großstadt diskriminiert werden. Jetzt ist klar: Es geht um Hannover. Die Stadt zeigt sich lernwillig, sieht die Problembewältigung aber auch als Aufgabe der gesamten Gesellschaft.

Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover hat angesichts einer Studie eingeräumt, dass Sinti und Roma von der Stadt diskriminiert worden sind. Man erkenne an, «dass es antiziganistische Handlungsmuster innerhalb der Verwaltung» gebe, teilte die Stadt am Mittwoch mit. Das belege ein 2021 veröffentlichter Forschungsbericht zu «Mechanismen des institutionellen Antiziganismus», in dem eine nicht genannte westdeutsche Großstadt untersucht wurde. Zuerst hatte am Mittwoch die «Hannoversche Allgemeine Zeitung» darüber berichtet.

«Sichtbar wird die Absicht, eine "Unbequemlichkeitskultur" zu etablieren und so das Setzen von Migrationsanreizen zu verhindern», teilte die Stadt dazu mit. «Das ist für eine Stadt, die für sich als Anspruch und Leitmotiv ihres Handelns festgelegt hat, ein offenes, auf Wertschätzung, Vielfalt und gleichberechtigte Teilhabe basierendes Miteinander zu leben, inakzeptabel.»

Sensibilisierung für Antiziganismus in der Verwaltung

In der Verwaltung sei das Bewusstsein für antiziganistische Narrative unterschiedlich stark vorhanden. «Hier zu einer allumfassenden Sensibilität zu kommen, ist das Ziel», erklärte die Stadt. Großen Teilen der Gesellschaft seien die jahrhundertealte Ausgrenzung und Verfolgung von Sinti und Roma nicht bewusst. «Wir widmen uns dem als Stadtverwaltung und sehen es aber gleichzeitig als gesamtgesellschaftliche Aufgabe», so die Stadt. «Wir laden auch Betroffenenverbände und -vereine ein, mit uns in den Austausch zu gehen.»

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus, Mehmet Daimagüler, erklärte, die Ergebnisse der Studie seien nicht überraschend, da sie sich mit den Erfahrungsberichten vieler Sinti und Roma deckten. «Sie verdeutlichen den dringenden Bedarf nach einer Auseinandersetzung mit antiziganistischen Denk- und Handlungsweisen in staatlichen Stellen», sagte Daimagüler. Es brauche eine selbstkritische Überprüfung und Veränderung – nicht nur in Hannover, sondern in der öffentlichen Verwaltung bundesweit.

In der Studie der Soziologen Tobias Neuburger und Christian Hinrichs heißt es, Ausgangspunkt des institutionellen Antiziganismus sei eine «rassifizierende/ethnisierende Problematisierung der EU-Binnenmigration aus Rumänien und Bulgarien» als Armutsmigration. So werde den Menschen etwa eine mangelnde Leistungsfähigkeit und Gesundheitsgefährdung unterstellt. Mechanismen des Antiziganismus wirken den Autoren zufolge unter anderem in «Wohnungs- und Bauämtern, Sozialleistungsbehörden, Schulen und Gesundheitsämtern». Beispielsweise seien die Menschen gezielt in abgelegenen Unterkünften untergebracht und damit verdrängt worden.

Die Wissenschaftler untersuchten die Verwaltungsstrukturen von 2013 bis 2019 für die Unabhängige Kommission Antiziganismus mit Unterstützung des Bundesinnenministeriums und in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover. Von 2019 bis 2020 wurden 71 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung befragt.

dpa