Auch wenn keine bundesweit gültige Tarifregelung zur Altersteilzeit im Geltungsbereich des TV-L mehr besteht, soll nachfolgend auf die Rechtsprechung zur Jahressonderzahlung bei Altersteilzeitarbeit im Blockmodell eingegangen werden. Teilweise bestehen landesbezirkliche Altersteilzeitregelungen, so z. B. der Tarifvertrag zur Altersteilzeit Baden-Württemberg, der schwerbehinderten Beschäftigten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, einen Rechtsanspruch auf Vereinbarung von Altersteilzeitarbeit einräumt.
In dem vom BAG am 25.7.2023 zu entscheidenden Fall musste das Gericht den Anspruch auf die Jahressonderzahlung unter dem Gesichtspunkt der Altersteilzeit im Blockmodell bewertet werden.
Die prozessbeteiligten Arbeitsvertragsparteien vereinbarten eine Altersteilzeit im Blockmodell, wobei die Arbeitsphase vom 1. November 2018 bis 30. September 2020 und die anschließende Freistellungsphase vom 1. Oktober 2020 bis 31. August 2022 dauern sollte. Auf das Arbeitsverhältnis fanden der TVöD/VKA (der eine dem § 20 TV-L strukturell vergleichbare Regelung zur Jahressonderzahlung enthält) sowie die zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung.
Der beklagte Arbeitgeber zahlte in den Jahren 2018 und 2019 die Jahressonderzahlung zur Hälfte aus und stellte die andere Hälfte in das Wertguthaben ein. Im Jahr des Übergangs von der Arbeits- in die Freistellungsphase erfolgte keine Auszahlung der Jahressonderzahlung. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage und verlangte für das Jahr 2020 die Jahressonderzahlung mit der Begründung, dass sie am Stichtag 1. Dezember 2020 in einem Arbeitsverhältnis gestanden und auch während der Freistellungsphase Entgelt bezogen habe. Der Arbeitgeber hingegen berief sich darauf, dass während der Freistellungsphase keine neuen Entgeltansprüche mehr entstünden. Vielmehr erfolge lediglich die ratierliche Auszahlung aus dem Wertguthaben.
Die Entscheidung des BAG (BAG, Urteil v. 25.7.2023, 9 AZR 332/22)
Hinsichtlich der Jahressonderzahlung nahm der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts den Rechtsstreit zum Anlass, sich grundsätzlich und umfassend zu den Ansprüchen bei Altersteilzeit im Blockmodell zu äußern. Besonderheiten bestehen nach Auffassung des BAG in den Kalenderjahren des Übergangs vom bisherigen Beschäftigungsumfang in die Arbeitsphase des Altersteilzeit-Blockmodells und des Übergangs in die Freistellungsphase. Für die vom BAG getroffenen Feststellungen ist zunächst bedeutsam, welchen Rechtscharakter die Jahressonderzahlung aufweist. Die Jahressonderzahlung nach TVöD/TV-L hat eine Doppelfunktion. Nach der Rechtsprechung des 10. Senats des BAG hat die tarifliche Jahressonderzahlung Vergütungscharakter und stellt eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer oder von der Arbeitnehmerin erbrachte Arbeitsleistung dar. Gleichzeitig wird auch die Betriebstreue honoriert, was an dem Stichtag „Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember“ zu erkennen ist. Der für die Entscheidung des BAG tragende Gesichtspunkt ist die Feststellung, dass die Jahressonderzahlung (auch) Gegenleistung für die erbrachte Arbeit ist. Beschäftigte „erarbeiten“ sich somit auch im Jahr des Übergangs von der Arbeits- in die Freistellungsphase in jedem Kalendermonat ein Zwölftel der Jahressonderzahlung. Würde diese „erarbeitete“ anteilige Jahressonderzahlung wegen der im November bestehenden Freistellungsphase nicht ausgezahlt, läge eine unzulässige Benachteiligung wegen der (Alters-)Teilzeitbeschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG vor. Durch diese Überlegung kommt das BAG zu einer Betrachtung der Jahressonderzahlung in Zeitabschnitten. Die Jahre des jeweiligen Übergangs stellen Einschnitte dar, die eine Berechnung der Jahressonderzahlung nach Zeitabschnitten erforderlich machen.
Bis zum Beginn der Arbeitsphase werden die Kalendermonate der ursprünglichen Arbeitszeit für die Berechnung der Altersteilzeitvergütung nicht berücksichtigt. Nach dem Grundgedanken des BAG gilt es jedoch zu beachten, dass die Beschäftigten bis zum Beginn der Altersteilzeit eine anteilige Jahressonderzahlung, bemessen nach dem vor der Altersteilzeit maßgebenden Beschäftigungsumfang, erworben haben. Das heißt, dass diese Zeitanteile, also ein Zwölftel je Kalendermonat mit dem bisherigen Beschäftigungsumfang, im Jahr des Übergangs in die Altersteilzeit Arbeitsphase „voll“ ausgezahlt werden und keinen Eingang ins Wertguthaben finden. Erst ab dem Übergang in die Arbeitsphase der Altersteilzeit werden die Zeitanteile der Jahressonderzahlung (ein Zwölftel je Kalendermonat) hälftig ausbezahlt und die andere Hälfte in das Wertguthaben eingestellt, wie es die Tarifregelungen zur Altersteilzeitarbeit regelmäßig vorsehen.
Das Bundesarbeitsgericht sieht also eine anteilige Berechnung der Jahressonderzahlung je Kalendermonat vor. Es sind einerseits die Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsphase zu betrachten und andererseits diejenigen während der Arbeitsphase. Beide Abschnitte sind dann zu addieren.
Im Kalenderjahr des Wechsels ...