1 Allgemeines
Rz. 1
Die Regelung der Befristungshöchstgrenzen ist der Kern der Regelung des Verhältnisses von befristeter und unbefristeter Beschäftigung im Hochschulbereich für die Qualifizierungsphase. Einerseits soll den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ein hinreichender Zeitraum zur Qualifizierung und den Hochschulen zur Nachwuchsförderung offenstehen. Andererseits zwingt die Regelung Hochschulen sowie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler dazu, die Qualifizierungsphase zügig voranzutreiben, wenn das Privileg der befristeten Beschäftigung genutzt werden soll.
Bis auf den neuen Satz 3 (familienpolitische Komponente) entspricht § 2 Abs. 1 WissZeitVG – abgesehen von notwendigen redaktionellen Änderungen – dem früheren § 57b Abs. 1 HRG. Die bis zum Inkrafttreten des WissZeitVG geltende Rechtslage wird insoweit nicht verändert.
Rz. 2
Nachdem eine Gesetzesevaluation bereits im Jahr 2011 im Hochschulbereich Fehlentwicklungen insbesondere durch eine Vielzahl unsachgemäßer Kurzbefristungen der Arbeitsverträge von jungen Wissenschaftlern ergeben hat, sollen diese mit dem für Verträge ab dem 17.3.2016 geltenden novellierten Gesetz unterbunden werden. Auch im Bereich der Drittmittelbefristung wurde Kritik geäußert. Mit der Novelle wurde insbesondere § 2 WissZeitVG ergänzt.
2 Befristung ohne Sachgrund
2.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Promotion ("Qualifizierungsphase")
Rz. 3
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Promotion können für maximal 6 Jahre befristet beschäftigt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG). Die 6-jährige Frist berücksichtigt, dass wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einzelnen Bereichen erst einmal an die wissenschaftliche Arbeit herangeführt werden müssen, bevor sie beispielsweise eine hinreichend qualifizierte Promotion zu erstellen in der Lage sind. Dieser Zeitraum beträgt nach Auffassung des Gesetzgebers etwa 1 bis 2 Jahre. Als Richtschnur für die Anfertigung der Doktorschrift und Abschluss des Promotionsverfahrens seien im Regelfall 3 bis 4 Jahre anzusetzen. Um hinreichenden Spielraum sowohl für die Hinführung zur Promotion als auch für den Abschluss des Verfahrens zu ermöglichen, ohne ein vorzeitiges Ausscheiden zu erzwingen, wird deshalb der Zeitraum von 6 Jahren als angemessen angesehen.
Eine befristete Beschäftigung von bis zu 6 Jahren von nicht promovierten wissenschaftlichen oder künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist aber auch dann möglich, wenn diese keine Promotion anstreben oder die Tätigkeit keine Möglichkeit zur Promotion bietet. Entscheidend ist nur, dass der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin nicht promoviert ist und die Befristungshöchstgrenzen beachtet werden.
Rz. 4
Seit dem 17.3.2016 gilt, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags von nicht promoviertem wissenschaftlichen Personal nur zulässig ist, "wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt", § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Diese sprachliche Ergänzung schafft keine neuen tatbestandlichen Anforderungen. Es handelt sich nach dem Willen des Gesetzgebers um eine Klarstellung. Bereits bei der Schaffung des WissZeitVG wurden das Ziel und der Zweck der Sonderbefristungsregelungen betont, die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sicherzustellen. Aus dem WissZeitVG soll sich künftig klar ergeben, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nur zulässig ist, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Das Kriterium der Förderung eigener wissenschaftlicher oder künstlerischer Qualifizierung bestand seit jeher. Die als "typisierte Qualifizierungsphase" konzipierte sachgrundlose Befristung wird damit jetzt insbesondere nicht zu einer Sachgrundbefristung. Innerhalb des Befristungsrahmens ist auch weiterhin für einzelne Befristungen kein spezifischer Sachgrund erforderlich. Das Gesetz gibt unverändert kein formales Qualifizierungsziel vor; weder war es bislang so, noch ist es für die Zukunft gewollt, dass im ersten Teil der Qualifizierungsphase das Anstreben einer Promotion als obligatorisches Element der wissenschaftlichen Qualifizierung festgeschrieben wird. Wissenschaftliche Qualifikation erschöpft sich nach der Gesetzesbegründung nicht allein in der formalen Qualifizierung im Rahmen eines Promotions- oder Habilitationsvorhabens, sie kann in einer Vielzahl von Ausprägungen stattfinden, insbesondere auch in der Mitarbeit an Forschungsvorhaben oder in dem Erwerb von Fähigkeiten und Kenntnissen im wissenschaftlichen Projektmanagement, der wissenschaftlichen Akquisition und Mitarbeiterführung. Innerhalb der Hochschule gehört dazu vor allem die Qualifikation für Managementaufgaben im B...