BAG, Urteil vom 14.7.2021, 10 AZR 485/20
Der Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen in § 20 TV-L unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck ergibt, dass nur die Zeit und das Entgelt des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses in die Berechnung der Jahressonderzahlung eingehen können und die Zeiten eines vorhergehenden Arbeitsverhältnisses nicht zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt
Die Klägerin war vom 1.8.2008 bis zum 31.7.2015 bei dem beklagten Land als Lehrkraft im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt. Ende August 2015 schlossen die Parteien einen bis zum 31.1.2016 befristeten Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin bei dem beklagten Land als Lehrkraft in Teilzeit beschäftigt sein sollte. Der TV-L fand auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Im Jahr 2015 erhielt die Klägerin gem. § 20 TV-L eine Jahressonderzahlung, welche auf Basis ihres Teilzeitentgeltes für die Monate August und September berechnet wurde (12,24 EUR für August und im September 379,50). Die Bruttovergütung für den Monat Juli (2.627,85 EUR brutto) blieb hierbei unberücksichtigt.
Die Klägerin vertrat nun die Ansicht, dass auch die Vergütung für den Monat Juli 2015 in die Berechnung der Jahressonderzahlung einzubeziehen sei, da es mit § 20 TV-L nicht zu vereinbaren sei, nur die Vergütung zu berücksichtigen, die in dem Arbeitsverhältnis bezogen worden sei, das am 1.12. des jeweiligen Jahres bestehe. Insbesondere stelle § 20 Abs. 3 TV-L auf das in den Kalendermonaten Juli, August und September gezahlte Entgelt ab. Und nur in dem dort geregelten Fall, d. h. wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 31.8. beginne, trete an die Stelle des Bemessungszeitraums der Monate Juli bis September der 1. volle Kalendermonat. Da ihr Arbeitsverhältnis jedoch mit Wirkung ab und nicht nach dem 31.8. begründet worden sei, gelte diese Ausnahme nicht. Auch stelle die Protokollerklärung auf die genannten 3 Monate ab. Die Regelung sei nicht darauf beschränkt, dass sich die Änderung im fortbestehenden Arbeitsverhältnis vollziehe. Dasselbe gelte auch für § 20 Abs. 4 TV-L; denn auch der Wortlaut dieser Regelung beziehe sich auf Entgeltansprüche aus einem früheren Arbeitsverhältnis.
Dagegen brachte das beklagte Land vor, dass die Jahressonderzahlung ausschließlich anhand der Vergütung zu bemessen sei, die in dem am 1.12. bestehenden Arbeitsverhältnis gezahlt worden sei. Daher sei die Vergütung für Juli 2015 aus dem vorangegangenen Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht miteinzubeziehen.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Das BAG entschied, dass als Bemessungszeitraum nur Zeiten des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses herangezogen werden könnten; Zeiten einer früheren Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber seien dabei grundsätzlich unerheblich. Die ergebe die Auslegung von § 20 Abs. 3 TV-L.
Zwar sei dem Wortlaut des § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L bzw. der Protokollerklärung zu Abs. 3 und auch aus § 20 Abs. 4 nicht zu entnehmen, ob auf das Entgelt aus dem am 1.12.bestehenden und nach § 20 Abs. 1 TV-L anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis abzustellen oder ob auch das Entgelt aus einem weiteren, bereits beendeten Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen sei; hierzu hätten die Tarifvertragsparteien auch keine ausdrückliche Regelung getroffen, so dass dies grds. auch den Schluss zulasse, dass es bei mehreren innerhalb eines Kalenderjahres bestehenden Arbeitsverhältnissen nicht darauf ankomme, aus welchem der Arbeitsverhältnisse der Entgeltanspruch stamme. Allerdings sei diese Folgerung nicht zwingend.
In Betracht komme ebenso, dass sich der Entgeltbegriff des § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L nur auf das Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis nach § 20 Abs. 1 TV-L beziehe, somit jenes, welches am Stichtag des 1.12. bestehe. Und für diese Auslegung spreche eindeutig der tariflichen Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung.
Das BAG führte hierzu aus, dass die Tarifvertragsparteien den Anspruch auf die Jahressonderzahlung in § 20 Abs. 1 TV-L mit einer Stichtagsregelung gestaltet hätten; sie haben den Anspruch auf eine Jahressonderzahlung auf das am Stichtag des 1.12. bestehende Arbeitsverhältnis ausgerichtet, unabhängig davon, ob es befristet oder schon gekündigt sei. Ebenso wenig komme es ihnen darauf an, ob dem anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis eine weitere vertragliche Beziehung der Parteien vorausging. Dieser Umstand spreche dafür, dass grundsätzlich nur das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis maßgebend für die Jahressonderzahlung sein soll.
Dies werde auch deutlich durch die Regelung zur Ermittlung der Höhe der Jahressonderzahlung in § 20 Abs. 3 TV-L. Insbesondere mit § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L würden die Tarifvertragsparteien den Besonderheiten der Fälle Rechnung tragen, in denen das anspruchsbegründende Arbeitsverhältnis erst später beginne und damit der regelmäßige Referenzzeitraum (Juli-September) nicht herangezogen werden könne, z. B. im Fall einer wirklichen Neueinstellung. Zum anderen hätten nach Auffassung des BAG die Tarif...