BAG, Urteil vom 23.2.2022, 4 AZR 354/21
Leitsatz (amtlich)
Ein Schulhausmeister konfiguriert eine Anlage der Gebäudeleittechnik i. S. d. Entgeltgruppe 7 Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA, wenn er Systemeinstellungen der zu betreuenden Anlage im Rahmen der durch den Hersteller eingeräumten Steuerungsmöglichkeiten unter Anwendung der Systemsoftware abweichend von der Grund- oder Werkseinstellung bedarfsgerecht anpasst. Ein Eingriff in die vom Hersteller vorgenommene Programmierung wird für die Erfüllung der tariflichen Anforderung nicht vorausgesetzt.
Sachverhalt
Der Kläger hatte in der ehemaligen DDR eine 2-jährige Berufsausbildung als Facharbeiter mit der Berufsbezeichnung "Maurer" abgeschlossen und ist seit dem 1.8.2010 bei dem beklagten Landkreis als Schulhausmeister am S-Gymnasium beschäftigt. Der TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Gemäß einer vom Beklagten erstellten Stellenbeschreibung gliedert sich die Tätigkeit des Klägers in 2 "Arbeitsvorgänge", "eigenverantwortliches Betreuen eines Schulobjektes/mehrerer Schulobjekte" mit einem Arbeitszeitanteil von 95 % und "Steuern und Überwachen von technischen und sicherheitstechnischen Anlagen der Gebäudeautomation, soweit dies nicht dem Ingenieur für Versorgungstechnik, dem Elektroniker oder Spezialfirmen vorbehalten ist" (Arbeitszeitanteil 5 %).
Das S-Gymnasium verfügt über eine im Jahr 2005 errichtete und später erweiterte und modernisierte softwaregesteuerte Heizungsanlage mit 3 Heizkreisen für das Gebäude und 2 für die Sporthalle. Sie verfügt über 111 Einzelraumregelungen und 116 Stellmotoren für die Heizkörper. Hierbei ist es dem Kläger möglich, über die Bedienebene eines softwarebasierten Systems die jeweiligen Stockwerke und über die Einzelraumregelungen und Stellmotoren die einzelnen Räume aufzurufen. Zudem kann er die Heizkreise der Kesselanlage, die raumlufttechnische Anlage der Küche sowie die Heizungsanlage der Sporthalle bedienen. Hierbei stellt er über das System die Pumpen für die einzelnen Heizkreise ein und verändert abhängig von den Außenbedingungen die Steilheit der Heizkurve, deren Temperaturvorlauf sowie das Temperaturvorlaufminimum und -maximum und kann über die einzelnen ansteuerbaren Stellmotoren für jeden Schulraum eine Temperatur festlegen. Er passt bei Veranstaltungen, Lehrerversammlungen oder Elternabenden für einzelne Räume die Raumtemperatur an die jeweilige Nutzungszeit an. Daneben betreut er über dieses System auch die Heizungsanlage eines Jobcenters. Bei Störungen der Heizpumpe versucht er zunächst, diese mit einem Neustart des Systems zu beheben und erst bei Erfolglosigkeit wird ein externes Unternehmen eingesetzt.
Der Kläger erhält eine Vergütung nach der EG 5 TVöD/VKA und verlangt nun die Bezahlung nach EG 7. Er ist der Ansicht, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit die tariflichen Merkmale eines Schulhausmeisters dieser Entgeltgruppe gemäß Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD-VKA erfülle.
Der Beklagte brachte dagegen vor, es fehle bereits an der erforderlichen einschlägigen Berufsausbildung. Die vom Kläger betreute Anlage der Gebäudeleittechnik weise zudem keine erheblich erweiterten Möglichkeiten zur Steuerung auf und werde nicht von ihm konfiguriert, da er nicht in die Programmier- und Servicesoftware eingreife. Zudem falle das Steuern und Überwachen der Gebäudeautomation nicht in einem rechtlich erheblichen Ausmaß an.
Die Entscheidung
Die Klage hatte vor dem BAG Erfolg. Der Kläger kann eine Vergütung nach der EG 7 beanspruchen.
Das BAG führte zunächst aus, dass die dem Kläger übertragenen Aufgaben eines Schulhausmeisters ein einheitlicher Arbeitsvorgang i. S. v. § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD-VKA darstelle; denn bei dem Begriff des Schulhausmeisters handele es sich um ein sog. Funktionsmerkmal, bei welchem regelmäßig von einem einheitlichen Arbeitsergebnis und damit einem einheitlichen Arbeitsvorgang auszugehen sei, solange nicht die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt zu einem unterschiedlichen Arbeitsergebnis führten.
Da der Kläger im vorliegenden Fall sicherzustellen habe, dass das Schulgebäude und das dort befindliche Inventar für den vorgesehenen Zweck in einem ordnungsgemäßen Zustand zur Verfügung stand, dienten alle damit in Zusammenhang stehenden Einzeltätigkeiten, die dem Kläger einheitlich und ohne organisatorische Trennung übertragen worden seien, diesem Arbeitsergebnis und bildeten daher einen Arbeitsvorgang.
Nach Auffassung des Gerichts erfüllte auch die Tätigkeit des Klägers die tariflichen Anforderungen der EG 7 TVöD-VKA.
Das maßgebende Tätigkeitsmerkmal im Teil B Abschnitt XXIII "Schulhausmeisterinnen und Schulhausmeister" der Anlage 1 – Entgeltordnung TVöD-VKA lautet: "Beschäftigte der Entgeltgruppe 5, deren Tätigkeit sich aufgrund erhöhter technischer Anforderungen erheblich aus der Entgeltgruppe 5 heraushebt". Gemäß dem Klammerzusatz liegt eine erhebliche Heraushebung a...