Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 20.04.2000; Aktenzeichen 9 Ga 33/00)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 20.04.2000 – Az: 9 Ga 33/00 – wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Verpflichtung der Verfügungsbeklagten, der Verfügungsklägerin Sonderurlaub gemäß § 50 Abs. 2 BAT zu gewähren.

Wegen des unstreitigen Tatbestandes und des streitigen Vorbringens der Parteien sowie ihrer Anträge in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand im erstinstanzlichen Urteil verwiesen.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 20.04.2000 folgendes Urteil verkündet:

  1. Die Verfügungsbeklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, der Verfügungsklägerin Sonderurlaub für die Dauer von 24 Monaten, beginnend mit dem 25.04.2000, für die Teilnahme an einer der Verfügungsklägerin von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bewilligten berufsfördernden Leistung (Umschulung zur medizinischen Dokumentationsassistentin) im IBIP e.V. Bremen zu gewähren.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
  3. Der Streitwert wird auf DM 8.000,– festgesetzt.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht folgendes ausgeführt:

Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund seien gegeben.

Die Annahme eines Anspruchs auf Gewährung von Sonderurlaub setze voraus, dass die beiden Voraussetzungen, unter denen ein Angestellter nur Sonderurlaub nach § 50 Abs. 2 BAT erhalten könne, gegeben seien, der Arbeitgeber also überhaupt erst verpflichtet sei, sein Ermessen auszuüben. Dies erfordere, dass auf Seiten des Arbeitnehmers ein wichtiger Grund für die Bewilligung von Sonderurlaub vorliege und die dienstlichen Verhältnisse seine Abwesenheit gestatteten. Beide Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Die beabsichtigte Teilnahme an einer Umschulung zur medizinischen Dokumentationsassistentin im Rahmen einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme stelle einen wichtigen Grund für die Gewährung von Sonderurlaub dar. Es handele sich dabei um einen genügend gewichtigen Grund unter Anwendung objektiver Betrachtungsweise. Die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse gestatteten auch die Gewährung von Sonderurlaub. Anhaltspunkte, die auf der Gewährung von Sonderurlaub entgegenstehende dienstliche oder betriebliche Interessen schließen lassen könnten, seien nicht ersichtlich und von der Verfügungsbeklagten nicht vorgetragen worden. Vielmehr habe der Umstand, dass die Verfügungsklägerin bereits seit ca. 1 1/2 Jahren arbeitsunfähig erkrankt sei und die Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit für die Tätigkeit als Pflegefachkraft unstreitig auf Dauer ausgeschlossen sei, zur Folge, dass durch die Gewährung von Sonderurlaub ein Ausfall an Arbeitskraft im eigentlichen Sinne bei der Verfügungsbeklagten überhaupt nicht auftrete. Diese sei zudem ohnehin seit geraumer Zeit gehalten, den schon durch die Erkrankung der Klägerin eingetretenen Ausfall anderweitig zu überbrücken.

Aus dem Ablehnungsschreiben der W. Bremen vom 07.03.2000 ergebe sich, dass überhaupt kein Ermessen ausgeübt worden sei. Denn die Ablehnungsbegründung lasse sich nur dahingehend verstehen, dass die Verfügungsbeklagte rechtsirrig von der tatbestandlichen Voraussetzung eines betrieblichen Interesses des Arbeitgebers hinsichtlich des Sonderurlaubsanlasses ausgegangen sei und daher angesichts der Verneinung dieser in Wahrheit nicht existierenden Voraussetzung denknotwendig auch keinen Anlaß gehabt habe, eine Ermessensentscheidung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu treffen. Im übrigen wäre eine etwaige Ermessensentscheidung auch unbillig. Denn die Begründung des Ablehnungsschreibens lasse erkennen, dass die Verfügungsbeklagte hierbei nur ihre eigenen Interessen berücksichtigt habe. Demgegenüber führe die Ausübung billigen Ermessens gemäß § 315 BGB zu der Gewährung des beantragten Sonderurlaubs.

Der Verfügungsgrund folge aus dem unmittelbar bevorstehenden Beginn der Umschulungsmaßnahme am 25.04.2000 und dem Umstand, dass derartige Maßnahmen nur alle zwei Jahre angeboten würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung durch das Arbeitsgericht wird auf Blatt 30 bis 37 der Akte Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 05.05.2000 zugestellte Urteil hat die Verfügungsbeklagte am 05.06.2000 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 04.07.2000 begründet.

Die Verfügungsbeklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist der Auffassung:

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts fehle es im vorliegenden Fall bereits am Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Gewährung von Sonderurlaub auf Seiten der Klägerin. Zwar könnten nach herrschender Meinung Maßnahmen der Berufsbildung wie auch Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation einen wichtigen Grund im Sinne des § 50 Abs. 2 BAT darstellen, dies sei jedoch keinesfalls zwingend und gelte insbesondere nicht zeitlich unbegrenzt. Dies ergebe s...

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