BAG: Schadensersatz bei nicht nachgewiesener Ausschlussfrist

Das BAG beschäftigte sich mit der Frage, ob eine bloße Bezugnahme auf eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag den Vorgaben des Nachweisgesetzes genügt oder nicht. Geklagt hatte ein Küster, der eine Lohnnachzahlung für mehr als zehn Jahre forderte.

Die bloße Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf eine in den kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen enthaltene Ausschlussfrist genügt nicht, um diese wirksam im Sinne des Nachweisgesetzes nachzuweisen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2019 entschieden. Auch ein sogenannter "qualifizierter Nachweis" nach § 2 Abs. 3 Satz 1 NachwG, wonach sich die Ausschlussfrist nach der kirchlichen Arbeitsrechtsregelung richtet, ist nicht ausreichend, weil das Nachweisgesetz einen abschließenden Katalog von Regelungen enthält, bei denen dies möglich ist. Ausschlussfristen sind dort nicht enthalten.

Der Fall: Küster klagt auf Lohnnachzahlung

Der Kläger war von 1996 bis 2016 bei einer katholischen Kirchengemeinde als Küster und Reinigungskraft angestellt. Sein Arbeitsvertrag nahm Bezug auf die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO), die in § 57 eine sechsmonatige einstufige Ausschlussfrist vorsieht. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, verfallen. Zum 1. Oktober 2005 trat eine neue KAVO in Kraft, im Zuge welcher der Kläger aus seiner bisherigen Vergütungsgruppe K VII in die neue Entgeltgruppe 5 (Stufe 6) überführt wurde.

Auf seinen Antrag hin wurde der Kläger rückwirkend zum 1. Mai 2015 in die Entgeltgruppe 6 (Stufe 6) KAVO höhergruppiert. Er war jedoch der Meinung, er habe bereits seit Mai 2004 die Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg in die höhere Vergütungsgruppe erfüllt und hätte daher schon ab Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert werden müssen. Wenn man das Gehalt zugrunde legt, das ihm eigentlich zugestanden hätte, hätte sich seither eine Gehaltsdifferenz von 14.292,59 Euro ergeben. Diese Differenz machte der Küster mit einer Zahlungsklage geltend.

Nachzahlungen durch Ausschlussfrist hinfällig?

Die Kirche hat sich auf die Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 KAVO berufen. Der Küster war der Auffassung, diese komme nicht zur Anwendung: Sie verletze ihn in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Außerdem könne sich die Kirche nicht auf die Ausschlussfrist berufen,  weil er nicht hinreichend über die Ausschlussfrist informiert worden sei. Die KAVO sei nicht im Betrieb ausgelegt worden. Der Hinweis im Arbeitsvertrag genüge nicht den Anforderungen des Nachweisgesetzes. Deswegen stünde ihm ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Die Vorinstanzen hatten seine Klage abgewiesen. Dagegen legte der Kläger Revision ein.

BAG: Kein Zahlungsanspruch aber Schadensersatz

Seine Revision zum BAG hatte Erfolg. Ein Zahlungsanspruch auf die Differenzvergütung wäre zwar tatsächlich verfallen, da die Ausschlussfrist durch die Inbezugnahme der KAVO Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden sei und diese wirksam den Verfall von Entgeltansprüchen anordne.

Dem Kläger könnte jedoch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Nachweisgesetzes zustehen. Bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die als "ähnliche Regelungen" nach dem Willen des Gesetzgebers nur unter den strengen Voraussetzungen des Nachweisgesetzes "erleichterten Nachweismöglichkeiten" unterliegen sollen. Der Nachweis einer Ausschlussfrist bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses wird von diesen Erleichterungen nicht erfasst. Eine bloße Inbezugnahme der Arbeitsrechtsregelung als solche genügt für den erforderlichen Nachweis nicht. Auch ein sogenannter qualifizierter Nachweis nach § 2 Abs. 3 Satz 1 NachwG, wonach sich die Ausschlussfrist nach der kirchlichen Arbeitsrechtsregelung richte, ist nicht ausreichend, weil der abschließende Katalog dieser Bestimmung Ausschlussfristen nicht erfasst.

LAG muss erneut entscheiden

Mangels hinreichender Feststellungen des LAG Düsseldorf konnte das BAG allerdings nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger die begehrte Eingruppierung tatsächlich zusteht und ob deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe der eingeklagten Differenzvergütung besteht. Das BAG hat deshalb den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen.

Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 AZR 465/18; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2018 - 3 Sa 144/17 


Schlagworte zum Thema:  Ausschlussfrist, Arbeitsvertrag, Schadensersatz