Wie verändert der Koalitionsvertrag die Arbeitswelt?
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird weiter SPD-geführt sein. Schon jetzt tragen etliche Regierungsvorhaben aus dem Themenfeld Arbeit die klare Handschrift der Sozialdemokraten. Das Arbeitsrecht wird arbeitnehmerfreundlicher werden, die Tarifautonomie und die betriebliche Mitbestimmung sollen gestärkt und ausgebaut werden. Ein neuer Kurs, der das Gleichgewicht zwischen sozialer Verantwortung und unternehmerischer Freiheit neu austariert.
Koalitionsvertrag: Themenbereich Weiterbildung
Das Lebenschancen-BAföG soll kommen. Hier können die Bürger künftig auf einem Freiraumkonto ein Bildungsguthaben ansparen, das für selbstbestimmte Weiterbildung ausgegeben werden kann. Die Einführung einer Bildungsteilzeit macht es möglich, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit vorübergehend reduzieren können, um in der so gewonnenen Zeit einen Berufsabschluss nachzuholen oder sich beruflich weiterzuqualifizieren. Voraussetzung hierfür wird eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten sein.
Unternehmen im Strukturwandel erhalten die Chance, durch ein Qualifizierungsgeld, das ähnlich dem Kurzarbeitergeld ausgestaltet werden soll, die Beschäftigten während des strukturellen Wandels durch Qualifizierung im Betrieb zu halten und benötigte Fachkräfte auszubilden.
Pläne zur Arbeitszeit
Es bleibt grundsätzlich beim Acht-Stunden-Tag im Arbeitszeitgesetz. Nur im Rahmen von Tarifverträgen soll eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit erlaubt sein und ebenfalls nur auf tariflicher Grundlage sollen begrenzte Möglichkeiten geschaffen werden, hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit vom Arbeitszeitgesetz abzuweichen. Das will die Ampelkoalition zunächst in Experimentierräumen erproben.
Homeoffice im Koalitionsvertrag
Das Mobile-Arbeit-Gesetz kommt wieder. In der GroKo zuletzt am Widerstand der CDU gescheitert, feiern die Inhalte, die bereits in den vorgelegten Referentenentwürfen enthalten waren, fröhlich ihre Auferstehung im Koalitionsvertrag. Es soll einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten geben, dem Wunsch der Beschäftigten darf nur widersprochen werden, wenn betriebliche Belange entgegenstehen und eine Ablehnung darf nicht sachfremd oder willkürlich sein. Mobiles Arbeiten soll problemlos europaweit möglich sein.
Mindestlohn: Anhebung geplant
Der Mindestlohn wird - wie von der SPD und den Grünen schon vor der Wahl versprochen – auf zwölf Euro angehoben. Anschließend wird wieder die Mindestlohnkommission über künftige Anhebungen entscheiden.
Minijobs
Es wird sie weiterhin geben, die geringfügige Beschäftigung. Die Minijob-Grenze soll sich künftig an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden orientieren, was bei zwölf Euro Mindestlohn eine neue Minijobgrenze von 520 Euro im Monat ergibt. Die Einhaltung geltenden Arbeitsrechts soll bei den Minijobs in Zukunft stärker kontrolliert werden.
Befristung
Die sachgrundlose Befristung wird nicht abgeschafft oder deutlich eingedämmt. Die Ampelkoalitionäre haben vor, zur Verhinderung unbegrenzter Kettenbefristungen die Befristung mit Sachgrund beim selben Arbeitgeber auf maximal sechs Jahre zu begrenzen. Das war es aber auch schon.
Tarifautonomie
Die zuletzt stark zurückgegangene Tarifbindung soll gestärkt werden. Auch die neue Regierung wird niemanden zwingen können, Tarifverträge abzuschließen. Aber sie hat vor, den Druck zu erhöhen. Öffentliche Aufträge gehen nur noch an tarifgebundene Unternehmen, Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz werden nur möglich sein, wenn ein Tarifvertrag das regelt und nicht zuletzt will die Ampel die Flucht aus bestehenden Tarifverträgen bremsen, beispielsweise dadurch, dass bei Betriebsausgliederungen die Fortgeltung der Tarifverträge festgeschrieben wird.
Mitbestimmung
Die Betriebsverfassung soll digitaler werden. Digitales Arbeiten der Betriebsräte soll ausgebaut werden, Betriebsratswahlen sollen nach erfolgreicher Erprobung online stattfinden können. Arbeitgeber, welche die demokratische Mitbestimmung im Betrieb behindern, werden sich damit künftig strafbar machen, was als Offizialdelikt auch ohne Strafantrag von den Staatsanwaltschaften verfolgt werden wird. Bei der Unternehmensmitbestimmung soll der missbräuchlichen Umgehung geltenden Rechts ein Riegel vorgeschoben werden. Die Flucht in SE-Gesellschaften soll nicht mehr den Vorteil bieten, damit Mitbestimmung vollständig vermeiden zu können.
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