Es geht gegen Weihnachten und dem Arbeitsrechtler fallen da drei Themen ein: freie Tage (ist der 24.12. nun einer oder nicht ?!?), Urlaub (verfällt der Resturlaub am 31.12. oder nicht) und "Weihnachtsgeld". Lassen Sie uns heute dem Weihnachtsgeld widmen – auch "13. Entgelt", "Sonderzahlung" etc. genannt – und dessen Fallstricken.
Weihnachtsgeld nach freiem Ermessen?
Grundsätzlich ist Weihnachtsgeld eine – in der Regel vertraglich oder tariflich zugesagte – Vergütung, die meist im November fällig wird. Damit ist schon einmal klar: "Zugesagt" heißt, dass sie nicht in das Belieben des Arbeitgebers gestellt ist. Das wäre der Fall, wenn der Arbeitgeber – durchaus auch jedes Jahr – eine Zahlung vornimmt und zu dieser ausdrücklich sagt: "Dieses Jahr zahle ich jedem freiwillig ein 13. Monatsentgelt mit der Novemberabrechnung aus". Das wäre eine typische freiwillige Leistung. Im nächsten Jahr bräuchte der Arbeitgeber nichts zu zahlen oder kann einen anderen Betrag auszahlen.
Aber Achtung, Fallstrick: Macht er dies drei Jahre hintereinander, bindet er sich an die Zahlung, es entsteht betriebliche Übung. Ergo: Spätestens im dritten Jahr muss der Arbeitgeber dazu erwähnen: "Ob ich nächstes Jahr überhaupt, und wenn ja in welcher Höhe, eine solche Zahlung leisten werde, bleibt einer Entscheidung im Verlauf des nächsten Jahres vorbehalten". Aus dem Schneider. Ein Haken bleibt allerdings: Arbeitgeber-Marketing kann damit nicht betrieben werden. Zwar mag der Arbeitgeber einem Bewerber sagen können "Die vergangenen 20 Jahre hat es immer ein Dreizehntes gegeben" – aber er darf es eben nicht zusagen und schon gar nicht im Vertrag!
Zusage – und Rückforderung?
Also, kommen wir zum zugesagten Weihnachtsgeld. Und dabei ist nichts ärgerlicher, als dass der Mitarbeiter vielleicht schon gekündigt hat oder in zeitlichem Zusammenhang mit der Zahlung kündigt. Ja, eine Rückzahlungsvereinbarung ist möglich – aber in engen Grenzen.
Einmal gibt es die Grenze des Dotierungszwecks. Eine Rückzahlungsvereinbarung ist nur statthaft, wenn die Zahlung eben zur Honorierung der Betriebstreue erfolgen sollte. Nachdem man daran beim Weihnachtsgeld aus historischen Gründen (zumindest im Abendland) zweifeln kann, bedarf es also einer möglichst eindeutigen Formulierung – je "härter", desto sicherer. Zum Beispiel: "Diese Zahlung erfolgt ausschließlich in der Erwartung Ihrer auch künftigen Betriebstreue und Ihres zukünftigen Engagements". Also: gerade keine (!) Belohnung für das vergangene Engagement. Personalpolitisch ungelenk (eigentlich möchte man ja lieber für Vergangenes belohnen) – aber rechtlich klar.
Zum anderen stehen Höhe und Dauer der Rückzahlung in engem Verhältnis: Geringe Zahlungen rechtfertigen keine Rückzahlung (ob das, wenn das BAG heute entscheiden müsste, 200 oder 300 oder gar 500 EUR sind, ist freilich offen – die Entscheidung des BAG, bei der 100 EUR die Grenze waren, ist bereits 40 Jahre alt …), bis zur Höhe eines Monatsentgelts ist eine Rückforderung bis spätestens 31. März des Folgejahres möglich, bei bis zu zwei Monatsentgelten bis 30. Juni des Folgejahres.
Oder vielleicht doch Mischformen?
Nun ist freilich auch eine Mischform denkbar: Warum sollte das Weihnachtsgeld nicht zum Teil für geleistete Arbeit, zum anderen Teil für zu erwartende Betriebstreue zahlbar sein? Das geht schon – aber die Tücke steckt wieder im Detail: Denn das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen ringt dem Arbeitgeber hier eine besonders exakte Ausdrucksweise ab. Zu undeutliche Klauseln à la "... erhalten Sie sowohl in Ansehung Ihrer geleisteten Arbeit als auch in Hinsicht auf zu erwartende Betriebstreue …" werden nicht den Wohlgefallen der Richter finden. Da ist schon erforderlich, klar zu trennen: "Die Hälfte hieraus erhalten Sie in Ansehung Ihrer geleisteten Arbeit, die andere Hälfte in Hinsicht auf zu erwartende Betriebstreue …". Dann kommt wieder die Rechenaufgabe – mehr oder weniger als ein Entgelt fällt auf die Betriebstreue? – woraufhin dann auch der 31. März oder gar der 30. Juni als Rückzahlungsoption vereinbar ist.
Weitere Tücken des Vertragsrechts
Aber auch beim Anlass der Rückzahlung bedarf es – AGB-Recht! – der exakten Ausdrucksweise: "... ist zurückzuzahlen, wenn Sie nach dem Erhalt der Zahlung, aber vor dem 31. März ausscheiden“ wäre wohl wenig erfolgreich, wenn es gilt, beim Arbeitsgericht eine Rückzahlung durchzusetzen. Es muss schon ganz genau gesagt werden, in welchen Fällen. So wird eine Rückzahlung bei einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung auszuschließen sein. Das dürfte der Grund sein, weshalb sich häufig der Formulierungsvorschlag findet "Wenn Sie aus dem Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung ausscheiden". Achtung – wieder eine AGB-Falle: Grundsätzlich richtig, aber was ist bei einer berechtigten außerordentlichen Kündigung des Mitarbeiters? Da fehlt die Einschränkung "es sei denn, Sie kündigen berechtigt aus wichtigem Grund". Aber dann wieder: Wer will die "Arbeitgebermarke" stärken, wenn sich ein solcher Text im Vertrag findet? "Aha, ein Arbeitgeber der mit berechtigten fristlosen Kündigungen seiner Arbeitnehmer rechnet?!?".
"Die" Lösung Betriebsvereinbarung?
Nun, nach allem: Die Betriebsvereinbarung ist gerade in diesen Fällen ein recht probates Mittel. Ja, der Patriarch kann das dann nicht mehr als "seine ureigene" Leistung verkaufen. Und ja, nicht jeder Betrieb hat einen Betriebsrat. Aber: So elegant wie mit einer Betriebsvereinbarung können weder das Risiko einer betrieblichen Übung noch die Fallstricke des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen umschifft werden.
Oder man entscheidet sich klar dazu, dass das Weihnachtsgeld oder das 13. Entgelt eben doch Vergütung für bereits geleistete Dienste ist. Dann kann man sich diese rechtlichen Kapriolen sparen.
Unser Kolumnist Alexander R. Zumkeller, Präsident des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU), blickt in seiner Kolumne aus der Unternehmenspraxis auf arbeitsrechtliche Themen und Trends.