Kündigung aufgrund verdeckter Videoüberwachung

Das entsprechende Interesse des Arbeitgebers hat gegenüber dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Arbeitnehmerin nur dann höheres Gewicht, wenn die Art der Informationsbeschaffung trotz der mit ihr verbundenen Persönlichkeitsbeeinträchtigung als schutzbedürftig zu qualifizieren ist.
Dies ist bei verdeckter Videoüberwachung nur dann der Fall, wenn
- der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers bestand
- es keine Möglichkeit zur Aufklärung durch weniger einschneidende Maßnahmen (mehr) gab und
- die Videoüberwachung insgesamt nicht unverhältnismäßig war.
Unter diesen strengen Voraussetzungen wiederum stehen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) der verdeckten Videoüberwachung auch an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen nicht entgegen. Zwar bestimmt § 6b Abs. 2 BDSG, dass bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle erkennbar zu machen sind. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht wird aber nicht jedwede Videoüberwachungsmaßnahme an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen per se unzulässig.
Kündigung: Zigarettenklau wurde gefilmt
Die beklagte Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen. Die klagende Arbeitnehmerin war bei ihr zuletzt als stellvertretende Filialleiterin beschäftigt. Für drei Wochen im Dezember 2008 installierte die Arbeitgeberin mit Zustimmung des Betriebsrats verdeckte Videokameras in den Verkaufsräumen. Sie hat geltend gemacht, es habe der Verdacht bestanden, dass auch Mitarbeiterdiebstähle zu hohen Inventurdifferenzen beigetragen hätten.
Auf dem Mitschnitt sei zu sehen, wie die Arbeitnehmerin bei zwei Gelegenheiten jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand entwendet habe. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht.
Die Arbeitnehmerin hat bestritten, Zigaretten entwendet zu haben. Nach Einnahme des Augenscheins in die Videoaufzeichnungen hat das Landesarbeitsgericht den Kündigungsvorwurf als erwiesen erachtet und die Klage gegen die ordentliche Kündigung abgewiesen.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Zwar sei die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, die - allein noch im Streit stehende - ordentliche Kündigung sei nach dem zugrunde gelegten Sachverhalt sozial gerechtfertigt. Es steht aber noch nicht fest, ob die Voraussetzungen für eine prozessuale Verwertung der Videoaufzeichnungen gegeben sind (BAG, Urteil vom 21.6.2012 , 2 AZR 153/11).
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