Fehler bei der Massenentlassung: Unwirksame Kündigung eines Bergmanns
Vor einer beabsichtigten Massenentlassung muss der Arbeitgeber gemäß § 17 Abs. 2 KSchG ein Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat durchführen. Diese Verhandlungen sollten sorgfältig vorbereitet werden, damit sichergestellt ist, dass die Beratungen mit dem zuständigen Gremium erfolgen. Im vorliegenden Fall führte die fehlerhafte Zuständigkeit dazu, dass das LAG Düsseldorf die Kündigung eines Bergmanns, der lange bei Deutschlands letztem Steinkohlebergwerk Prosper-Haniel unter Tage beschäftigt war, für unwirksam erklärte. Eine Weiterbeschäftigung konnte er jedoch nicht erreichen.
Kündigung wegen Stilllegung der Zeche Prosper-Haniel
Der Arbeitnehmer war seit September 1997 als Arbeiter unter Tage im Steinkohlebergbau im Bergwerk Prosper-Haniel beschäftigt. Im Oktober 2018 hatte das Bergwerk als letztes deutsches Steinkohlebergwerk die Kohleförderung eingestellt. Seitdem fanden dort nur noch Aufräumungsarbeiten statt. Infolgedessen kam es im Unternehmen zur Massenentlassung einer Vielzahl an Bergleuten, die noch nicht das Alter für die bergbautypische "Anpassung" erreicht hatten. Auch der Bergmann im konkreten Fall war davon betroffen. Er erhielt die Kündigung zum 31. Dezember 2019. Gegen diese wandte er sich mit der Kündigungsschutzklage.
Ist eine Weiterbeschäftigung trotz Stilllegung möglich?
Trotz der Stilllegung des Bergwerks forderte er seine Weiterbeschäftigung - da der Arbeitgeber weiterhin die Aufgabe der Grundwassersicherung übernimmt, wobei diese Arbeiten von einem anderen Betrieb des Unternehmens vorgenommen werden. Insgesamt mindestens 178 Anpassungsgeld(APG)-berechtigten Arbeitnehmern wurde nicht gekündigt. Sie wurden stattdessen überwiegend in den Betrieb verlegt, der nunmehr auch für die Wasserhaltung von Prosper-Haniel zuständig ist. Aufgrund seines Alters und der Dauer seiner Tätigkeit im Bergbau bestand für den Bergmann keine Möglichkeit, im Rahmen des Auslaufens der Steinkohleförderung APG bis zur Rentenleistung aus der Knappschaft zu erhalten.
Interessensausgleich mit örtlichem Betriebsrat beschlossen
Die Schließung des Bergwerks wurde bereits 2015 in einem mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Interessensausgleich angesprochen. Im Januar 2019 schlossen der Arbeitgeber und der örtliche Betriebsrat der Zeche dann einen Interessensausgleich mit Namensliste, die auch den Namen des gekündigten Bergmanns enthielt.
Falscher Betriebsrat: Kündigung unwirksam
Während das Arbeitsgericht Essen die Kündigungsschutzklage abgewiesen hatte, hatte die Berufung vor dem LAG Düsseldorf teilweise Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Kündigung unwirksam war, weil der Arbeitgeber die im Rahmen der Massenentlassung gemäß § 17 Abs. 2 KSchG erforderliche Konsultation mit dem falschen Gremium durchgeführt habe. Das Gericht führte aus, dass der Gesamtbetriebsrat und nicht der örtliche Betriebsrat zuständig sei, wenn der Maßnahme ein einheitliches unternehmerisches Gesamtkonzept zugrunde liegt, das sich über mehrere Betriebe erstreckt und deshalb einer einheitlichen Regelung bedarf.
Einheitliches Konzept erfordert Konsultation mit Gesamtbetriebsrat
Dies habe der Arbeitgeber nicht beachtet. Der Arbeitgeber habe vorliegend nicht nur – isoliert – den Betrieb des Bergwerks Prosper-Haniel geschlossen, sondern darüber hinaus entschieden, von wo aus und mit welchen – zum Teil noch zu verlegenden – Arbeitnehmern die anschließenden Ewigkeitsarbeiten von einem anderen Betrieb aus erledigt werden sollten. Die Schließung der Zeche Prosper-Haniel war damit nur letzter Baustein eines einheitlichen Konzepts.
Trotz rechtswidriger Küdigung ist keine Weiterbeschäftigung möglich
Einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung des entlassenen Bergmanns verneinte das LAG Düsseldorf.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2020, Az: 11 Sa 799/19; Vorinstanz: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 13.11.2020, Az: 6 Ca 1553/19
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