Doppelte Haushaltsführung: Hauptwohnung am Beschäftigungsort

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn der eigene Hausstand ebenfalls am Beschäftigungsort gelegen ist. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitsplatz von der Hauptwohnung innerhalb von etwa einer Stunde erreicht werden kann.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Mitarbeiter aus beruflichen Gründen außerhalb des Ortes beschäftigt ist, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, und am Beschäftigungsort wohnt. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen zwingend auseinanderfallen. Nur dann sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Eine doppelte Haushaltsführung ist nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene "eigene Hausstand" am Beschäftigungsort belegen ist.

Doppelter Haushalt: Arbeitnehmer wollte Fahrtzeit verkürzen

Im Urteilsfall war der Kläger in der Großstadt A tätig. Er wohnte in B. Die einfache Entfernung von B zur Arbeitsstätte in A betrug 36 km. Er mietete eine 2-Zimmerwohnung in A, um künftig nicht mehr täglich von B nach A pendeln zu müssen. Die Wohnung in A befand sich 6 km entfernt von der Arbeitsstätte. Finanzamt und Finanzgerichte lehnten eine doppelte Haushaltsführung mit der Begründung ab, er könne seine Arbeitsstätte von seiner Hauptwohnung aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen.

Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung

Die Rechtsprechung legt den Begriff des Beschäftigungsorts weit aus. Die Richter verstehen darunter insbesondere nicht nur die Gemeinde, in der die Tätigkeitsstätte liegt. So hatte der Bundesfinanzhof (BFH) bereits entschieden, dass ein Mitarbeiter auch dann am Beschäftigungsort im gesetzlichen Sinne wohnt, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus dorthin fährt. Er hat ferner entschieden, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, die Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Das Gericht hat dies bei Wegezeiten von etwa einer Stunde bejaht. 

Fahrzeitverkürzung nicht ausreichend für doppelte Haushaltsführung

Hiervon ausgehend waren auch im Streitfall die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht gegeben. Unter den Bedingungen einer Großstadt und deren Einzugsbereich sind Pendelzeiten von rund einer Stunde für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte üblich und nach Auffassung des BFH ohne Weiteres zumutbar.

Kein Werbungskostenabzug, keine steuerfreie Erstattung

Die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Mitarbeiter wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, können vom Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei erstattet werden oder alternativ vom Arbeitnehmer in seiner Steuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Da im vorliegenden Fall keine doppelte Haushaltsführung vorliegt, können die Aufwendungen weder steuerfrei erstattet noch als Werbungskosten abgezogen werden.

Doppelte Haushaltsführung: Änderungen durch Reisekostenreform 2014

Das Urteil betriff ein Streitjahr vor der Reform des Reisekostenrechts ab 2014 (Einführung des Begrifss der "Ersten Tätigkeitsstätte"). Zum neuen Reisekostenrecht hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 zu der hier vorliegenden Problematik folgende Grundsätze aufgestellt:

Das Beziehen einer Zweitwohnung oder Zweitunterkunft muss aus beruflichen Gründen erforderlich sein. Eine Zweitwohnung/-unterkunft in der Nähe des Beschäftigungsorts steht einer Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte gleich. 

Aus Vereinfachungsgründen kann von einer Zweitunterkunft oder Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte dann noch ausgegangen werden, wenn der Weg von der Zweitunterkunft/-wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der Entfernung der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Hauptwohnung (Mittelpunkt der Lebensinteressen) und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt. Danach ist nicht die Fahrzeit, sondern die Wegstrecke entscheidend.


Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. November 2017, Aktenzeichen VI R 31/16