Halbe oder ganze Entfernungspauschale an Reisetagen?
Für Fahrten zur Arbeitsstätte kann arbeitstäglich eine Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 EUR je Entfernungskilometer angesetzt werden. Die Entfernungspauschale spielt nicht nur bei der Steuerklärung von Arbeitnehmern eine Rolle. Auch die Pauschalierungsmöglichkeit von Fahrtkostenzuschüssen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Pkw ist auf die Entfernungspauschale begrenzt. In diesen Fällen kann die Lohnsteuer mit 15 % pauschaliert werden; Sozialversicherungsbeiträge fallen nicht an.
Einfachfahrt vor oder nach einer Dienstreise
Streitig ist die Höhe der Entfernungspauschale an Tagen, an denen von der Arbeitsstätte aus eine Auswärtstätigkeit angetreten wird oder dort beendet wird. Bereits im vergangenen Jahr gab es ein Finanzgerichtsurteil, wonach bei Einfachfahrten vor oder nach einer Dienstreise nur die halbe Entfernungspauschale anzusetzen ist (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.6.2012, 7 K 4440/10). Entsprechend wäre auch das Pauschalierungsvolumen des Arbeitgebers für diese Tage auf 0,15 EUR je Entfernungskilometer begrenzt.
Das Urteil entspricht der bisherigen Verwaltungsauffassung. Nach den Lohnsteuerhinweisen (LStH) ist die Entfernungspauschale zwar auch dann anzusetzen, wenn der Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstätte deshalb aufsucht, um von dort eine Auswärtstätigkeit anzutreten, Aufträge entgegenzunehmen, Bericht zu erstatten oder ähnliche Reisefolgetätigkeiten auszuüben. Wird das Kraftfahrzeug jedoch lediglich für eine Hin- oder Rückfahrt benutzt, z. B. wenn sich an die Hinfahrt eine Auswärtstätigkeit anschließt, die an der Wohnung des Arbeitnehmers endet, so ist die Entfernungspauschale nur zur Hälfte anzusetzen (H 9.10 LStH). Die Verwaltung beruft sich dabei auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs, das aber aus einer Zeit stammt, in der es die Entfernungspauschale noch gar nicht gab (BFH, Urteil vom 26.7.1978, VI R 16/76, BStBl 1978 II S. 661).
Entfernungspauschale bei Dreiecksfahrten
In einem aktuellen Urteilsfall hat das Finanzgericht Münster bei einem Steuerberater festgestellt, dass Fahrten, die vor oder im Anschluss an einen Mandantenbesuch zwischen Wohnung und Betriebsstätte durchgeführt werden, nur nach den Grundsätzen der Entfernungspauschale berücksichtigt werden können. Die Einschränkung durch das Finanzamt, dass in solchen Fällen die Entfernungspauschale lediglich mit 0,15 EUR anzusetzen sei, lasse sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen (vgl. Pressemitteilung des FG Münster zum Urteil vom 19.12.2012 - 11 K 1785/11 F).
Vielmehr ergebe sich aus der Gesetzesformulierung "zur Abgeltung ... für jeden Arbeitstag ... anzusetzen" (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG) unmissverständlich, dass der Abzugsbetrag je Arbeitstag berücksichtigt wird - unabhängig davon,
wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt wird,
welches Verkehrsmittel benutzt wird und
welche Kosten tatsächlich angefallen sind.
Im Ergebnis wurde für die Anzahl der einfachen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Abzug mit 0,30 EUR pro Kilometer zugelassen (= einfache Entfernung).
Diese Sichtweise kann für Arbeitnehmer nur analog gelten und würde das Pauschalierungsvolumen für mögliche Arbeitgebererstattungen ebenfalls erhöhen.
Wichtig: Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Münster wurde die Revision beim BFH unter Aktenzeichen VIII R 12/13 zugelassen.
Praxistipp: Aus Vereinfachungsgründen erlaubt die Finanzverwaltung, dass der Arbeitgeber unterstellt, dass an 15 Tagen monatlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unternommen werden (R 40.2 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. B LStR). Zumindest bei der Arbeitgeberpauschalierung von Fahrtkostenzuschüssen kann also die vorstehende Problematik vermieden werden, falls auf eine individuelle Ermittlung der Arbeitstage verzichtet wird.
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