Man kann ja nicht ein „bisschen schwanger“ sein. Mit dieser Erklärung wird mitunter plastisch beschrieben, dass ein Streit um die Frage, ob jemand Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist, nur mit einem „Alles oder Nichts“ ausgehen kann. Kippt das beabsichtigte freie Vertragsverhältnis in eine Arbeitnehmervariante, so trifft das Gleichnis von der Schwangerschaft zu, denn der dann entstandene Mitarbeiter wird nicht nur ein bisschen, sondern vollumfänglich zum Arbeitnehmer.
Arbeitnehmerähnliche Person - sie ist ein bisschen schwanger
Passiert im umgekehrten Fall, nämlich wenn eine kritische freie Vertragsgestaltung arbeitsrechtlich nicht zu beanstanden ist, aber wirklich „Nichts“? Hier heißt es aufgepasst, denn es gibt im Arbeitsrecht noch die Figur der „arbeitnehmerähnlichen Person“.
Darunter versteht man jemanden, der zwar unstreitig selbstständig ist, allerdings punktuell mit Arbeitnehmern gleichgestellt wird. Voraussetzung ist dabei die wirtschaftliche Abhängigkeit eines „Alleinunternehmers“, der seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen nur aus einem Auftragsverhältnis bestreitet.
Einkalkulieren sollten Sie bei diesen Vertragsgestaltungen daher, dass Ihren „arbeitnehmerähnlichen“ Selbstständigen ein bezahlter Urlaub zu gewähren ist. Auch gibt es Arbeitnehmerschutzgesetze wie beispielsweise das AGG oder das Pflegezeitgesetz, in denen ebenfalls diese Gruppe von Selbstständigen mit Arbeitnehmern gleichgestellt werden.
Achtung! Wenn der Betriebsprüfer kommt
So richtig kritisch kann es für Sie jedoch dann werden, wenn sich ein Betriebsprüfer der Sozialversicherung Ihren arbeitsrechtlich anerkannten Selbstständigen unter die Lupe nimmt. Hier kann es Ihnen passieren, dass der sich arbeitsrechtlich wirklich einmal auskennt und begreift, warum Sie jemanden Urlaubsentgelt in Form eines Unternehmerlohns bezahlt haben.
Gleichzeitig müssen Sie aber damit rechnen, dass Ihnen demnächst ein Beitragsbescheid auf der Basis sämtlicher Zahlungen an den Selbstständigen zugeht. Der Grund ist der Begriff des „Beschäftigten“ im Sozialversicherungsrecht, unter dem bekanntlich auch Personen eingeordnet werden können, die arbeitsrechtlich unstreitig selbstständig sind.
Fazit: Als Entgeltabrechner sollten Sie Lösungsvorschlägen, die mit logischen naturwissenschaftlichen Vergleichen begründet werden, misstrauisch gegenüberstehen, denn wie man sieht, „ein bisschen schwanger sein“, dass kann im Personalrecht durchaus passieren.
im Namen unseres Kolumnisten, Herrn Thomas Muschiol, darf ich Ihnen folgende Antwort übermitteln, die die doch etwas komplizierte Urlaubsberechnung bei Teilzeitkräften deutlich machen will:
Thomas Muschiol: "Dazu folgende Denksportaufgabe an die Leser: Eine Mitarbeiterin arbeitet von Januar bis Juni in Vollzeit. Sie hat einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Ab Juli arbeitet sie Teilzeit an drei Tagen in der Woche. Während ihrer Vollzeitbeschäftigung hat sie 5 Tage Urlaub genommen. Den Rest möchte Sie im September nehmen. Wie viele Tage Urlaub hat sie und wie werden diese vergütet?"
Mit freundlichen Grüßen
Renate Fischer, Haufe Online-Redaktion