Stellen Sie sich vor, Sie wären im Dickicht der lohnsteuerlichen Vorschriften einer Fehlinterpretation aufgesessen, hätten zum Beispiel irgendetwas als pauschal versteuerungswürdig gehalten, was vom Betriebsprüfer aber plötzlich anders, als noch bei der letzten Prüfung, nämlich als nicht mehr tolerierbar gesehen wird. Als dieser Ihnen auch noch triumphierend eine aktuelle Gerichtsentscheidung eines Finanzgerichts vor die Nase hält, die ihm leider Recht gibt, geben Sie zerknirscht nach, schwören aber heimlich Rache. Sie nehmen sich vor, es dem pingeligen Finanzbeamten demnächst mal wieder heimzuzahlen.
Menschlich gesehen, eine nachvollziehbare Reaktion. Sie könnten sich beispielsweise überlegen, dem Betriebsprüfer in Zukunft den Begrüßungskaffee zu verweigern und ihm statt im üblichen, wohnlich ausgestatteten Besucherzimmer einen Schreibtisch direkt im tageslichtlosen muffigen Archivkeller zuzuweisen.
Ihre Rache könnte aber auch darin bestehen, dass Sie es sind, der dem Betriebsprüfer bei seinem nächsten Besuch triumphierend eine Gerichtsentscheidung entgegenhält, in der ein übergeordnetes Gericht, die vom Betriebsprüfer herangezogene Meinung der Vorinstanz als abwegig bezeichnet und so richtig in den Senkel stellt. Hört sich Super an, ist auch nicht so selten. Der Lohnsteuersenat des Bundesfinanzhofs hat sich mittlerweile einen Namen für seine verwaltungskritischen Meinungen gemacht.
Was aber machen Sie, wenn der Betriebsprüfer jetzt seinerseits wieder in die Tasche greift, Ihnen ein internes Papier entgegenhält, was mit der Überschrift "Nichtanwendungserlass" versehen ist und mit gespielten Bedauern darauf hinweist, dass er sich hier leider an die Auffassung eines Gerichts nicht halten dürfe ?
Was für ein Blödsinn, werden Sie jetzt vielleicht sagen, denn schon im Gemeinschaftsunterricht der fünften Klasse lernt man ja schließlich schon, dass es so was wie Gewaltenteilung gibt, bei der immer die Justiz das letzte Wort hat.
An dieser Stelle muss ich Sie jedoch enttäuschen. Sogenannte Nichtanwendungserlasse sind zwar abstruse, aber anerkannte Möglichkeiten der Finanzverwaltung sich auf den Standpunkt zu stellen, dass jeder Fall anders sein kann und Urteile nur zwischen den Parteien, die tatsächlich gestritten haben, wirken. Die Juristen nennen das "Wirkung Inter Partes", die Engländer "Case Law" und die Rheinländer "Jeder Jeck ist anders"; wobei wir wieder bei Ihren verständlichen Rachegefühlen gegen den Betriebsprüfer sind, der Sie jetzt zum zweiten Male hat dumm aussehen lassen.
Aber im Leben und erst recht bei Betriebsprüfungen trifft man sich bekanntlich immer noch einmal wieder, die Möglichkeit mit dem muffigen Archivkeller bleibt ihnen also immer noch. Und wenn der Prüfer auf die betriebliche Übung eines Begrüßungskaffees verweist, halten Sie ihm einen Nichtanwendungserlass Ihrer internen Revision entgegen.
im Namen unseres Kolumnisten, Herrn Thomas Muschiol, darf ich Ihnen folgende Antwort übermitteln, die die doch etwas komplizierte Urlaubsberechnung bei Teilzeitkräften deutlich machen will:
Thomas Muschiol: "Dazu folgende Denksportaufgabe an die Leser: Eine Mitarbeiterin arbeitet von Januar bis Juni in Vollzeit. Sie hat einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Ab Juli arbeitet sie Teilzeit an drei Tagen in der Woche. Während ihrer Vollzeitbeschäftigung hat sie 5 Tage Urlaub genommen. Den Rest möchte Sie im September nehmen. Wie viele Tage Urlaub hat sie und wie werden diese vergütet?"
Mit freundlichen Grüßen
Renate Fischer, Haufe Online-Redaktion