Absageschreiben: Unbeliebtes Ende im Recruiting-Prozess

Absageschreiben sind unbeliebt. Personaler fürchten rechtliche Konsequenzen, wenn sie Gründe für die Absage nennen, Bewerber beklagen den nichtssagenden Serienbriefcharakter. Eine Umfrage von Softgarden und dem Personalmagazin offenbart die große Lücke zwischen Personalerpraxis und Bewerberwunsch.

Bei jedem Absageschreiben bewegen sich die Personaler in einem schmalen Korridor zwischen dem Wunsch der Bewerber nach einem persönlichen Schreiben mit Angabe der Ablehnungsgründe auf der einen Seite sowie notwendigen Standardisierungen und rechtlichen Anforderungen auf der anderen Seite. Doch sie werden den Bewerberwünschen nur selten gerecht. Das ist das Ergebnis einer doppelperspektivischen Umfrage, für die Softgarden und das Personalmagazin im März 2016 sowohl 1.130 Kandidaten als auch 123 Personaler befragt haben.

Absageschreiben aus Sicht der Bewerber: Oft nur nichtssagende Serienbriefe

"Schlussmachen per SMS", "Unfall bei Freunden" oder auch "Blabla-Formschreiben" – das sind einige der Vergleiche, die Bewerber ziehen, wenn sie ein Absageschreiben einer Mitteilung aus einem anderen Lebensbereich gegenüberstellen. Vor allem der formale und austauschbare Charakter eines Serienbriefs wird bei den Vergleichen herausgearbeitet.
Ähnliche Gedanken und Gefühle löst das Absageschreiben auch bei denjenigen aus, die es versenden: „formaler Brief, zum Beispiel Steuerbescheid“ oder „Antwortschreiben nach einer Reklamation, der nicht stattgegeben wird“, lauten die Vergleiche der befragten Personalverantwortlichen. Nur wenige sehen in der Post, die sie an Bewerber versenden, einen persönlichen Aspekt wie "Antwort auf eine persönliche Einladung zu einem Geschäftsessen oder interessanten Event".

Die Angst der Personaler vor dem Absageschreiben

Bei Bewerbern ist es nachvollziehbar, dass sie ein Absageschreiben in erster Linie negativ wahrnehmen, haben sie sich doch Hoffnung auf eine neue Stelle gemacht, die sich nun nicht erfüllt. Aber wie sehen Personaler diese Briefe? In einem weiteren Freitextfeld konnten sie ihre Meinung zum Thema mitteilen – und diese lautet nahezu einhellig: Personaler befürchten Klagen oder Schadenersatzforderungen, wenn sie die Absage personalisiert verfassen oder wenn sie die Ablehnungsgründe nennen. Ein persönlich formuliertes Schreiben wird deshalb von den meisten Unternehmen gar nicht in Erwägung gezogen.

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Die Angst der Personaler überwiegt und nur sehr wenige Firmen denken beim Verfassen ihrer Absage an die emotionale Wirkung, die dieses Schreiben auf den Adressaten hat. Nur drei Umfrageteilnehmer machen deutlich, dass sie persönlich auf den abgelehnten Bewerber eingehen, indem sie ihm die schlechte Nachricht beispielsweise telefonisch mitteilen oder sich um persönliche Formulierungen bemühen: "Wir schreiben einem Menschen, den wir (durch die Absage) zurückgewiesen und verletzt haben. Das Schreiben hat also menschliche Züge zu tragen!"

Recruiting-Prozess: Was sollte ein gutes Absageschreiben leisten?

Dass Personaler und Bewerber gegensätzliche Sichtweisen haben, zeigt sich im Vergleich der Kriterien, die den Sendern und Empfängern von Absageschreiben besonders wichtig sind: Ein "freundlicher Tonfall" (68 Prozent), eine "zeitnahe Antwort auf die Bewerbung" (68 Prozent) und der "Ausdruck von Wertschätzung gegenüber dem Bewerber" (60 Prozent) machen die Top-Drei-Aspekte aus Sicht der Personaler aus. Aus Kandidatensicht sind dies aber die "Angabe von nachvollziehbaren Gründen" (73 Prozent), ein "freundlicher Tonfall" (62 Prozent) und eine "zeitnahe Antwort auf die Bewerbung" (61 Prozent).

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Das für die Kandidaten wichtigste Kriterium "nachvollziehbare Gründe"halten gerade einmal 16 Prozent der befragten Personaler für "sehr wichtig". Nur die Personalisierung des Anschreibens finden sie noch weniger wichtig (elf Prozent).

Dilemma in der Praxis: Nur ein Fünftel der Absageschreiben enthält Gründe für die Absage

Dieses Dilemma äußert sich auch in der gelebten Praxis: "Unsere Absageschreiben sind in einem freundlichen Tonfall gehalten", sagen nahezu alle Personaler (95 Prozent). "Nachvollziehbare Gründe" geben lediglich 24 Prozent der Befragten an und "personalisierte Absageschreiben" versenden 20 Prozent.
Ähnlich sieht es bei den letzten Absageschreiben aus, das die Teilnehmer der Bewerberbefragung erhalten haben: "Nachvollziehbare Gründe" konnten nur 22 Prozent entdecken, einen "freundlichen Tonfall" wiesen dagegen 92 Prozent der Schreiben auf. Personalisierte Schreiben, die etwa Bezug auf Details aus dem Lebenslauf nahmen, erhielten 22 Prozent.


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