Nur das Naheliegende wird umgesetzt


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Auswirkungen der Corona-Krise auf New Work

Wie wirken sich die Beschränkungen der Corona-Krise auf moderne Arbeitsformen aus? Eine Befragung der Energy Factory St. Gallen gemeinsam mit HR Pepper Management Consultants verdeutlicht, dass New-Work-Maßnahmen zum digitalen Arbeiten aktuell stärker eingesetzt werden. Ein kultureller Wandel bleibt allerdings bisher aus.

Die Corona-Krise hat die Arbeitswelt kurzfristig vor extreme Veränderungen gestellt. Aufgrund der Kontaktbeschränkung arbeiten viele Menschen nun in ungewohnter Umgebung: Sie sitzen im Homeoffice, arbeiten virtuell und setzen intensiv digitale Technologien ein. Basierend auf dem Konzept der Universität St. Gallen zur Erfassung von New Work und New Culture (Bruch, Block & Färber, 2016) haben wir in einer Online-Befragung vom 3. bis 20. April 2020 untersucht, wie sich die Corona-Pandemie auf New Work und Kultur sowie auf Produktivität und Wohlbefinden der Mitarbeitenden auswirkt.

Mehr Maßnahmen zur virtuellen Arbeit und digitalen Kommunikation

Die Studie nutzt den Fragebogen zur Erfassung von New Work und Culture aus der New-Work-Forschung von Heike Bruch und ihrem Team (Bruch, Block & Färber, 2016). Es wurde dementsprechend gefragt, wie die acht Dimensionen von New Work und die sechs Dimensionen von New Culture vor der Corona-Krise ausgeprägt waren und wie sie sich aktuell unter der Corona-Krise darstellen (Bruch & Schuler, 2017). 307 Personen aus Unternehmen verschiedener Größenklassen und Branchen haben an der Befragung teilgenommen.

Die Ergebnisse zeigen einen starken Sprung bezogen auf New Work. Konkret wird unter den Corona-Beschränkungen signifikant mehr in virtuellen Teams interagiert, und es werden vermehrt digitale Technologien und Kommunikationsmöglichkeiten eingesetzt (siehe Infografik zur Entwicklung des New Work und New Culture Index). Neben diesen technologisch-strukturellen Anpassungen in der Arbeitsgestaltung, die sich unmittelbar auf die durch Corona bedingten Einschränkungen beziehen, wird nur von geringen Intensivierungen moderner Arbeitsformen berichtet. Die Gestaltung von Arbeitszeit und -ort ist in der Krise etwas flexibler und die Zusammensetzung von Teams geringfügig fluider. Eine verstärkte Anpassung der Arbeit auf individuelle Bedürfnisse als Synonym für eine stärkere Selbstbestimmtheit des Mitarbeitenden zeigen die Ergebnisse hingegen nicht.

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Arbeiten vom Homeoffice nimmt zu

Das Arbeiten im Homeoffice hat erwartungsgemäß deutlich zugenommen. Während derzeit mehr als die Hälfte der Befragten fünf Tage in der Woche von zu Hause arbeiten, waren es vor der Krise lediglich vier Prozent. Auch Personen, die vor der Krise nie im Homeoffice gearbeitet hatten (30 Prozent), nutzen nun Homeoffice. Nur noch fünf Prozent der Befragten arbeiten gar nicht von zu Hause aus. Ferner verteilt sich die Zeit, an der gearbeitet wird, nun bei mehr Personen über die komplette Woche. Während vor der Krise nur zwei Prozent der Befragten sechs bis sieben Tage die Woche arbeiteten, sind es aktuell mehr als zehn Prozent.

Die Unternehmenskultur passt sich kaum an

Der New-Culture-Check mit seinen sechs Dimensionen (Bruch & Schuler, 2017) zeigt ein ganz anderes Bild: Rückmeldungen zur vorherrschenden Arbeitskultur vor und während der Corona-Krise verdeutlichen, dass die aktuell verstärkte New-Work-Nutzung kaum durch kulturelle Veränderungen begleitet wird (siehe Infografik zur Entwicklung des New Work und New Culture Index). So zeigen sich weder Unterschiede darin, wie stark inspirierend und visionär geführt wird, noch in der Ausprägung der Vertrauenskultur. Analog gibt es auch nur leichte Unterschiede in der Flexibilität der Teamstrukturen, der Nutzung von agilen Methoden im Team sowie der Selbstkompetenz der Mitarbeitenden zur Arbeit in flexiblen Strukturen. Lediglich das Top-Management wird von den Befragten in der Krise etwas stärker als Vorbild für moderne Arbeitsformen wahrgenommen. Bemerkenswert ist hier allerdings ein eher geringer Gesamtdurchschnitt vor und auch noch während der Krise.

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Mitarbeitende an der Belastungsgrenze

Danach gefragt, wie sehr die aktuelle Arbeitssituation die Befragten an ihre Grenzen bringt, berichten mehr als 20 Prozent, an ihrer Belastungsgrenze zu sein. Dabei scheinen weniger technische Bedingungen bei der Arbeit die Personen an ihre Grenzen zu bringen (nur bei 10 Prozent der Befragten gegeben), als vielmehr soziale Beziehungen auf der Arbeit (bei 26 Prozent der Befragten gegeben). Rund 11 Prozent der Befragten berichten ein geringes bis sehr geringes Wohlbefinden. Interessant ist, dass sich generell keine nennenswerten Unterschiede bezogen auf das Wohlbefinden bei der Arbeit und außerhalb der Arbeit zeigen. Dieses Ergebnis ist außergewöhnlich und lässt sich dadurch erklären, dass zur Zeit die Grenzen zwischen Arbeit und Privatem besonders stark verschwimmen.

Nur naheliegende Maßnahmen werden umgesetzt

Die Krise zeigt einen massiven Sprung in Richtung New Work. Neue Arbeitsnormen werden inzwischen flächendeckend und signifikant stärker genutzt als vor der Corona-Zeit. Die Nachhaltigkeit dieser Veränderungen ist hingegen fraglich. So zeigt das aktuelle Bild durch den New Work and Culture Check (Bruch & Schuler, 2017), dass fast ausschließlich Veränderungen erfolgt sind, die zwangsläufiges Resultat der Corona-Beschränkungen sind; nämlich der Einsatz digitaler Technologien und Kommunikationsformen sowie Homeoffice und eine sprunghaft gestiegene virtuelle Zusammenarbeit.

New Work lebt jedoch davon, dass die Maßnahmen von einer inspirierenden und vertrauensbasierten Kultur getragen werden. Nur dann können Menschen in ihrer Arbeit ihr Potenzial nutzen und selbstorganisiert im Team mit ihren Kollegen Dinge gestalten (Meifert, 2019).

Chancen werden nicht ausgeschöpft

Die Ergebnisse des New-Culture-Checks zeigen diesbezüglich jedoch ein klares Bild: Durch die Corona-Pandemie wurde bisher keine Veränderung von Leadership, Kultur oder Kompetenzentwicklung erzielt. Diejenigen Unternehmen, die schon vorher eine Kulturtransformation angestoßen hatten und durch eine Leadership- und Kompetenzentwicklung die Voraussetzungen für modernes Arbeiten geschaffen haben, können hier darauf aufbauen und in der Krise die New-Work-Potenziale noch umfassender nutzen. Die anderen Unternehmen lassen diese Chancen bisher ungenutzt. Sie lassen damit nicht nur Potenziale für eine flexiblere und damit marktorientiertere Ausrichtung verstreichen, sondern nehmen auch die erhöhte Belastung ihrer Mitarbeitenden in Kauf.

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Belastungen durch eine in der aktuellen Situation entgrenzte und stark intensivierte Arbeit sind nicht zu unterschätzen. Eine Flexibilisierung der Arbeit und entsprechende kulturelle Anpassungen sind unumgänglich, um die aktuelle Mehrbelastung abzufedern. Ein erstes Fazit: Zurzeit haben gerade Top-Führungskräfte, aber auch andere Akteure einer aktiven Unternehmensentwicklung die Chance, die besonderen Erfahrungen der aktuellen Lern-Erfahrungen für eine wirkliche New-Work-Transformation zu nutzen. In den kommenden Wochen werden weitere Erkenntnisse aus der Befragung geteilt, die sich insbesondere den Erfolgsfaktoren von New Work in der Corona-Krise widmen.


Quellen:

  • Bruch, H., Block, C. & Färber, J. (2016). Arbeitswelt im Umbruch. Von den erfolgreichen Pionieren lernen. Konstanz/St. Gallen: Trendstudie 2016.
  • Bruch, H. & Schuler, A.-F. (2017). Die Zukunft in sieben Thesen. Personalmagazin, 9, 24-27.
  • Meifert, M. (2019) : Das Dilemma der digitalen Transformation - Es geht um die Freiheit, stupid!, in: Manager Magazin online

Autoren:

Professor Dr. Heike Bruch ist Professorin für Leadership an der Universität St. Gallen.

Dr. Matthias Meifert ist Managing Partner & Gründer der HR Pepper Management Consultants, Berlin.

Unter Mitwirkung des Forscherteams mit Fabian Möller (energy factory, St. Gallen) und Dr. Sarah Meeßen (HRpepper)


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Schlagworte zum Thema:  New Work, Coronavirus, Unternehmenskultur