Rappen fürs Recruiting? So kann es funktionieren
Haufe Online Redaktion: Erinnern Sie sich an den Praktikanten-Rap von BMW, der vor zehn Jahren unter dem Titel "Steh auf" das Azubi-Marketing unterstützen sollte? Selbst der Spiegel hat damals über rappende Praktikantinnen und Praktikanten berichtet und unter "Die Parade des Schreckens" Firmenvideos zusammengestellt. Die Erkenntnis: Bloß nicht rappen! Jetzt bieten Sie Musikkooperationen mit Rap-Musikerinnen und -Musikern an. Warum dürfen Unternehmen jetzt rappen?
Michael Frohoff: Es war ja nicht nur BMW. Auch andere Unternehmen haben auf diesen Trend gesetzt. Der Gedanke, sich in die Jugendkultur hineinzuversetzen und die Musikvorlieben von angehenden Azubis zu nutzen, war und ist grundsätzlich richtig. Die Frage ist nur: Wie wird es gemacht und wer macht es? Den Ansatz, dass die Azubis selbst eine Rolle übernehmen und rappen, ist gar nicht verkehrt. Aber die damaligen Videos waren nicht authentisch. Die Unternehmen haben sich zu wenig damit auseinandergesetzt, wie Rap wirklich funktioniert, welche Sprache gesprochen wird, welche Codes und Styles es gibt. Der Anfang des BMW-Videos ist sogar ganz gut, weil da humorvoll mit dem Unternehmensimage gespielt wird, aber es folgt eine Kanonade von Werbesprüchen und der Humor bleibt auf der Strecke.
Was für den Erfolg von Musikvideos im Recruiting entscheidend ist
Haufe Online Redaktion: Wie kommt es, dass diese Videos nicht so humorvoll waren, wie sie vielleicht zuerst geplant waren?
Frohoff: Das ist oftmals der Einfluss der Marketing-Abteilung, die sagt: "Wir müssen noch diese und jene Botschaft unterbringen." Das funktioniert nicht. BMW hätte gut daran getan, den Humor der ersten zehn Sekunden komplett durch das Video durchzuziehen. Ein anderes Beispiel ist ein Recruiting-Video von McDonald’s. Das Video war musikalisch und vom Look her besser, aber die Stimmen passten nicht zu den Personen, die zu sehen sind. Die grundlegenden Fehler dieser und vieler anderer Videos von damals waren: Die Unternehmen haben sich nicht wirklich mit dem Musikstil auseinandergesetzt und den damals angesagten Look nicht abgebildet.
Zum Musikvideo der BMW Group auf Youtube gelangen Sie hier.
"Wir holen uns die Leute, die wirklich nah an den Stars sind. Diese wissen viel besser als die #Marketing-Abteilung eines Unternehmens, was der angesagte Style ist." - Michael Frohoff (@karlmusic) zum Einsatz von #Musik-Videos im #Recruiting
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Haufe Online Redaktion: Wie würden Sie es heute besser machen?
Frohoff: Zunächst muss ich sagen: Die Kritik damals war etwas überzogen. In den Kommentaren unter dem BMW-Rap ist zu sehen, dass es sehr viele Personen gab, die diesen gut fanden. Und man muss bedenken: Am Ende hatte das Video immens viele Views und erreichte definitiv den Zweck, das Unternehmen als Arbeitgeber für Praktikantinnen und Praktikanten sowie Azubis bekannt zu machen. Deshalb würde ich nicht prinzipiell davon abraten, zu rappen. Was wir heute anders machen – nicht nur im Personalmarketing, sondern auch im Produktmarketing – ist, dass wir mit den Produktionsfirmen zusammenarbeiten, die auch für Marteria, Casper und andere Rap-Stars Videos drehen. Wir holen uns die Leute, die wirklich nah an den Stars sind. Diese wissen viel besser als die Marketing-Abteilung eines Unternehmens, was der angesagte Style ist. Und wir beziehen die Künstlerinnen und Künstler direkt mit ein. Was ist cooler als ein Kool Savas oder eine Shirin David, die auf ihre Art und Weise die Botschaften des Unternehmens erzählen?
Personalmarketing durch Musikvideos: Auf die Story kommt es an
Haufe Online Redaktion: Wie genau sieht dann Ihre Rolle als Agentur aus?
Frohoff: Wir vermitteln zwischen den Unternehmen sowie den Künstlerinnen und Künstlern und sorgen dafür, dass beide zusammenpassen und der richtige Style vermittelt wird. Die Werbebotschaft muss dabei im Hintergrund stehen. Viele Marketing-Leute haben noch die Auffassung, dass die Adressaten schwer von Begriff sind. Aber angehende Azubis verstehen durchaus die Zusammenhänge. Heute kommt es darauf an, zu zeigen, dass man eine gute Story hat und die Zielgruppe ernst nimmt. Es ist ja klar, dass es um das Unternehmen geht, weil die Videobotschaft im Umfeld der Unternehmensmarke ausgespielt wird. Darüber hinaus kann das Unternehmen die Reichweite der Stars nutzen, die ihre Videos in ihrer riesigen Community auf Instagram, Tiktok, Youtube und so weiter teilen. Wenn eine Story richtig cool ist, spricht sich das herum und macht neugierig. Das hat viel mehr Wirkung als jede Werbebotschaft.
Jede Generation hat ihre eigenen Codes."
Haufe Online Redaktion: Sie haben mehrfach das Wort "Cool" verwendet. Sagen das die Jugendlichen von heute noch?
Frohoff: Das sagt keiner mehr. Jede Generation hat ihre eigenen Codes. Ich bin keine 15 oder 25 Jahre mehr und es wäre total anmaßend, wenn ich sprechen würde wie die junge Generation. Für einen Markenartikler setzen wir zum Beispiel ein junges Duo mit 17 und 21 Jahren ein, das den Content dreht. Die beiden wissen, wie Tiktok funktioniert, wie Videos geschnitten sein müssen und welche Sprache ankommt. Genauso gehen wir im Personalmarketing vor. Es ist immer sinnvoll, mit Testimonials oder Influencerinnen und Influencern aus der Zielgruppe zusammenzuarbeiten, denn dann findet die Kommunikation auf Augenhöhe statt. Wenn ich versuchen würde, eine vermeintlichen Hip-Hop-Sprache einzubringen, würde das nicht funktionieren. Das war damals wahrscheinlich auch der Hauptfehler: Keiner hat mit einem Rapper oder einer Rapperin gesprochen.
Employer Branding: Beispiele für erfolgreiche Musikkooperationen
Haufe Online Redaktion: Können Sie Beispiele für einen gut funktionierenden Einsatz von Musikkooperationen nennen?
Frohoff: Ein Energiedienstleister aus Thüringen hat eine Kooperation mit Sony Music. Hierbei geht es zwar nicht explizit um Hip-Hop, aber der Hintergrund ist, neue Leute für den Standort zu gewinnen und die Beschäftigten zu binden. Wenn ein Sony-Music-Künstler in Thüringen auftritt, bekommen die Beschäftigten Tickets für die Shows. Es kann auch ein "Meet and Greet" geben oder ein Künstler oder eine Künstlerin kommt für einen kurzen Auftritt ins Unternehmen. Dabei ist es zweitrangig, ob die Musikrichtung jeden begeistert. Das wird nicht der Fall sein. Aber jeder Mitarbeiter oder jede Mitarbeiterin wird es toll finden, wenn jemand, der in den Charts ist, ins Unternehmen kommt oder wenn man mal Backstage sein kann. So etwas passiert ja nicht jeden Tag. Viele Unternehmen bieten ihren Beschäftigen Karten für Fußballspiele an. Aber das ist nichts Besonderes mehr. Kooperationen im Bereich Musik bieten deutlich mehr Möglichkeiten zur Differenzierung. Jeder mag Musik und jeder verbindet damit Emotionen.
Der Musikgeschmack steht meiner Erfahrung nach gar nicht so sehr im Vordergrund, sondern das Begeistern und die emotionale Komponente."
Haufe Online Redaktion: Das heißt: Musik als emotionale Komponente im Personalmarketing funktioniert nicht nur bei angehenden Azubis, sondern auch bei älteren Zielgruppen?
Frohoff: Ja. Die Unternehmen können zum Beispiel ihre Beschäftigten abstimmen lassen, welche Musiktitel ihnen besonders gefallen, daraus eine Playlist erstellen und gleichzeitig signalisieren: Wir interessieren uns dafür, wie euer Sound ist. Sie werden dabei naturgemäß nicht den Geschmack aller Beschäftigten treffen und alle glücklich machen können. Aber wenn die Beschäftigten sehen: Die haben zugehört und das spannend umgesetzt, die haben sich viele Gedanken gemacht, dann kann das Unternehmen einen großen Kreis begeistern. Der Musikgeschmack steht meiner Erfahrung nach dabei gar nicht so sehr im Vordergrund, sondern das Begeistern und die emotionale Komponente.
Was Musikvideos für Unternehmen kosten
Haufe Online Redaktion: Mit welchen Kosten müssen Unternehmen rechnen, wenn sie ein Video mit einem Musiker oder einer Musikerin produzieren wollen?
Frohoff: Toller Content mit jungen Musiktalenten ist schon ab 20.000 Euro möglich. Das sind junge Leute, die noch keinen Plattenvertrag haben, aber einen super Sound machen und vielleicht genau den richtigen Style für das Unternehmen mitbringen. Dabei gilt jedoch wie schon gesagt: Die Werbebotschaft darf nicht im Videocontent auftauchen, sondern muss links und rechts platziert sein. Es besteht auch die Möglichkeit, nur die Musik zu nutzen, aber nicht den Künstler oder die Künstlerin im Video auftauchen zu lassen. Diese sogenannten "Sync-Rechte" sind schon ab 1.000 Euro zu bekommen. Nach oben ist natürlich alles offen, je nachdem, wie bekannt die Künstlerin oder der Künstler ist.
Zum Interviewpartner:
Michael Frohoff ist Gründer und Geschäftsführer der Agentur Kruger Media. Innerhalb des neu gegründeten Netzwerks Boost bündelt er als Mitinitiator zusammen mit anderen Agenturpartnerinnen und -partnern seine Expertise um Musik-Marketing.
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