Mitarbeitende mit Behinderung fühlen sich oft übersehen

Am 5. Mai ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Wie Menschen mit Behinderungen ihren Arbeitsalltag wahrnehmen und wo sich diese Wahrnehmung von der ihrer Kolleginnen und Kollegen ohne Behinderung unterscheidet, hat eine Studie von Culture Amp untersucht.

Eine neue Studie von Culture Amp, Anbieter einer Employee-Experience-Plattform, untersuchte die Erfahrungen am Arbeitsplatz von Mitarbeitenden mit Behinderungen. Dazu wurden Benchmark-Daten von insgesamt 400 Kundenunternehmen ausgewertet. Unternehmen können die Ergebnisse helfen, die Employee Experience gezielt zu verbessern.

Weniger Anerkennung und Barrieren im Arbeitsalltag

Das deutlichste Ergebnis der Studie: Menschen mit Behinderung schätzen sich selbst in puncto Produktivität um 10 Prozent schlechter ein als ihre Kolleginnen und Kollegen ohne Behinderung. Das liegt laut Culture Amp sowohl an räumlichen Barrieren am Arbeitsplatz, die nicht auf die Anforderungen angepasst sind, als auch an systemischen Faktoren.

Nach der Anerkennung für die eigene Arbeit gefragt, gaben Männer mit 72 Prozent (6 Prozent weniger als Männer ohne Behinderung) an, sie fühlten sich wertgeschätzt. Von den Frauen stimmten der Aussage "Ich finde, dass mein Beitrag zum Unternehmen geschätzt wird" nur 62 Prozent zu (gegenüber 66 Prozent bei Frauen ohne Behinderung).

Auch beim Thema Hybrid Work und flexiblen Arbeitsmodellen wurden Diskrepanzen deutlich: Der Aussage "Wir werden grundsätzlich bei der Wahl für flexible Arbeitsformen unterstützt" stimmten 83 Prozent der Männer und 77 Prozent der Frauen zu – das sind 12 Prozent bzw. 9 Prozent weniger als bei den Mitarbeitenden gleichen Geschlechts ohne Behinderung.

Weniger Karrierechancen für Menschen mit Behinderungen?

Wenn es um die Karriere geht, fühlen sich Mitarbeitende mit Behinderungen öfter übersehen als Kolleginnen und Kollegen ohne Behinderungen. So gaben nur 44 Prozent der Männer mit Behinderungen an, dass sie über Karrieremöglichkeiten informiert werden – bei den nichtbehinderten Kollegen sind es 62 Prozent. Bei den Frauen klafft diese Lücke nicht ganz so weit auseinander: Hier fühlen sich 58 Prozent bzw. 62 Prozent informiert.

Deutlich geringer, jedoch genauso vorhanden sind die Diskrepanzen bei der Aussage "Mein/e Vorgesetze/r (oder Management) zeigen ehrliches Interesse an meinen Karrierewünschen". Von den Mitarbeitenden mit Behinderung stimmten 76 Prozent (Männer) bzw. 70 Prozent (Frauen) zu – bei den Kolleginnen und Kollegen ohne Behinderung waren es 77 Prozent (Männer) bzw. 73 Prozent (Frauen).

"Es ist dieser Mangel an Unterstützung, Anerkennung und Möglichkeiten, der zu einer geringeren Selbstwahrnehmung der Produktivität führen kann." erläutert Dr. Arne Sjöström, Lead People Scientist bei Culture Amp. "Das bedeutet, dass die Ergebnisse auch zu großen Teilen auf das kulturelle Narrativ und Barrieren am Arbeitsplatz zurückzuführen sind, als auf einen tatsächlichen Unterschied in der Produktivität. Auch wenn die Daten zeigen, dass es in den Organisationen erhebliche Unterschiede bei den Erfahrungen der Mitarbeitenden mit Behinderung gibt, so ist es für Führungskräfte wichtig, die Erfahrungen dieser Mitarbeitergruppe im Kontext ihrer Organisation zu verstehen. Entscheidend ist auch, dass sich Führungskräfte nicht allein mit der Erfassung begnügen. In einem zweiten Schritt müssen zielgerichtete Maßnahmen ergriffen werden, um eventuell aufgedeckte Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Gleichzeitig sollte die Wirksamkeit der Maßnahmen im Laufe der Zeit evaluiert werden."


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