300.000 Arbeitsplätze durch Roboter bedroht
Die Studie "Advanced Robotics in the Factory of the Future" der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) zeigt, dass deutsche Industrieunternehmen vor allem die Chancen der neuen Technologie sehen. Insgesamt gehen die BCG-Berechnungen von einem Wegfall von bis zu 300.000 Stellen in Deutschland bis 2025 aus. "Angesichts des weiter zunehmenden Fachkräftemangels wird das von vielen Studienteilnehmern als Entlastung wahrgenommen", sagt Daniel Küpper, BCG-Partner und Autor der Studie, für die weltweit mehr als 1.300 Unternehmen befragt wurden.
Arbeitsplatzwegfall durch Roboter: China im Vergleich an der Spitze
In Deutschland gehen Unternehmen insgesamt von einem geringeren Stellenabbau aus als in anderen Ländern. "Vor allem chinesische Unternehmen erwarten einen noch stärkeren Abbau von Arbeitsplätzen," sagt Küpper und begründet dies mit er hohen Anzahl leicht zu automatisierender Tätigkeiten und der Tatsache, dass eine sich selbststeuernde, menschenleere Fabrik in China als deutlich realistischer eingeschätzt werde.
Insgesamt gehen 67 Prozent der chinesischen Unternehmen von Jobverlusten aus. Etwa ein Fünftel der Befragten glaubt sogar, dass durch den Einsatz von Robotern mehr als 20 Prozent der Arbeitsplätze verloren gehen. In Deutschland liegt dieser Wert bei 2 Prozent. 31 Prozent erwarten nur einen moderaten Abbau von 5 bis 10 Prozent der Arbeitsplätze bis 2025.
Die Mehrheit sieht autonome Roboter als Chance, nicht als Bedrohung
Über die Hälfte der befragten Unternehmen glauben an deutliche Produktivitätsgewinne durch den Einsatz von Advanced Robotics. Vor allem Routineaufgaben wie das Be- und Entladen von Maschinen werden in Zukunft automatisiert. Doch Küpper ist sicher: "Neue Tätigkeitsprofile erfordern neue Fähigkeiten."
Rund 60 Prozent der Firmen wollen Jobs mit Robotikbezug schaffen. "Es ist wichtig, fortschrittliche Roboter nicht als Gefahr, sondern als Chance zu sehen. Einfache manuelle Tätigkeiten werden in Zukunft reduziert, sodass Mitarbeiter andere Tätigkeiten übernehmen können und neue Jobkategorien entstehen," sagt Küpper.
Anspruch und Wirklichkeit gehen bei Advanced Robotics auseinander
Hinsichtlich des Potenzials sind sich die Befragten aus den verschiedenen Ländern einig. Der Automatisierungsgrad soll bis 2025 um mehr als 15 Prozentpunkte erhöht werden, was zu einem Großteil auf den Einsatz von Robotern zurückzuführen sein wird. Industrieübergreifend haben bisher jedoch nur elf Prozent Advanced Robotics erfolgreich implementiert. Dies liegt zum einen an den hohen Investitionskosten für die neue Technologie und zum anderen daran, dass viele der Befragten diese Technik für noch nicht ausgereift genug halten.
Dennoch planen 86 Prozent der befragten Unternehmen die Implementierung von Advanced Robotics in den nächsten drei Jahren. Spitzenreiter sind Indien, China und Polen mit Werten von fast 100 Prozent. Deutschland liegt mit einem Wert von 92 Prozent auf Platz vier und deutlich über dem globalen Schnitt, während Japan mit 72 Prozent am Ende des Feldes landet. "Aufstrebende Staaten wie Indien sind beim Thema Advanced Robotics enthusiastischer als die USA oder Kanada. Indien setzt beim Einsatz moderner Roboter vor allem auf eine Verbesserung der Produktionsqualität und weniger auf eine Lohnkostensenkung", sagt Küpper. Der Wert für Japan lasse sich dadurch erklären, dass der aktuelle Reifegrad der Technologie noch nicht den Vorstellungen der Manager entspreche.
Häufig fehlt es an einer klaren Implementierungsvision
Trotz der überwiegenden Begeisterung für den Einsatz autonomer Roboter gibt es bei der Umsetzung noch Probleme: Nur ein Fünftel der Befragten hat bereits eine konkrete Strategie oder Anwendungsszenarien entwickelt. "Noch sind die Erwartungen an die Fähigkeiten von Robotern häufig überambitioniert. Wir erwarten in den nächsten drei bis fünf Jahren jedoch deutliche Fortschritte, was die Anwendungsmöglichkeiten in Produktion und Logistik betreffen. Immer komplexere Produkte in oftmals kleineren Stückzahlen machen den Einsatz von Advanced Robotics in der Fabrik der Zukunft unumgänglich", erklärt BCG-Partner Küpper. Es gelte ein eigenes Zielbild für die Fabrik der Zukunft zu entwickeln, das die spezifischen Herausforderungen der jeweiligen Produktion adressiert. Die Geschäftsleitung müsse darüber hinaus klar kommunizieren, wie die Roboter den Produktionsablauf verändern und welche Konsequenzen ihr Einsatz für die Belegschaft hat. Eine wichtige Grundvoraussetzung ist eine entsprechende Systemarchitektur, die den Einsatz modernster Roboter erst möglich macht und auch Schutz vor möglichen Cyberattacken bietet.
Der Markt für Advanced Robotics wächst bis 2021 um insgesamt 46 Prozent und soll auf ein Volumen von 3,7 Milliarden US-Dollar allein für Produktionsaufgaben ansteigen. "Industrieunternehmen, die in den kommenden Jahren nicht von der Konkurrenz abgehängt werden wollen, machen sich jetzt Gedanken zum Einsatz moderner Robotersysteme auf dem Weg zur sich selbststeuernden Fabrik", resümiert Küpper.
Hintergrund: Advanced Robotics
Advanced Robotics ist ein Schlüsselelement für die weitere Automatisierung von Produktions- und Logistikprozessen. Verbesserte Wahrnehmung, Integrierbarkeit, Adaptabilität und Mobilität charakterisieren die Technologie. Diese Fähigkeiten ermöglichen die Umsetzung der sich selbststeuernden Fabrik der Zukunft. Dazu werden vor allem technische Entwicklungen in den Bereichen Datenverarbeitung, Sensorik und Cloud- beziehungsweise Edge-Computing genutzt. Im Unterschied zu normalen Industrierobotern können Advanced Robotics auf ihre Umwelt reagieren und selbstständig handeln.
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