Versorgungsausgleich: Änderungen durch den Gesetzgeber
Gesetz zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts
Mit dem Gesetz zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts sind ab dem 1.8.2021 Neuerungen unter anderem auch im Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) in Kraft getreten. Das bedeutet: Jetzt muss ein Versorgungsträger, der einseitig die externe Teilung seiner Anrechte vornehmen will, die Ausgleichswerte dieser Anrechte zusammenrechnen, um zu entscheiden, ob die Wertgrenze für eine externe Teilung eingehalten wird. Dies gilt nicht, wenn die Anrechte bei unterschiedlichen Versorgungsträgern bestehen, zum Beispiel über den Arbeitgeber und über eine Unterstützungskasse.
Bisher durfte ein Versorgungsträger für jedes seiner Anrechte separat prüfen, ob der Ausgleichswert die entsprechende Wertgrenze für eine externe Teilung überschreitet - unabhängig davon, ob bei ihm gegebenenfalls noch weitere Anrechte für die ausgleichspflichtige Person bestehen.
Sind Anrechte zu teilen, bei denen sich die ausgleichspflichtige Person bereits im Rentenbezug befindet und sich der als maßgebliche Bezugsgröße verwendete Kapitalwert seit Ehezeitende verändert, kann die ausgleichsberechtigte Person nunmehr wählen: Wünscht sie einen Ausgleich zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder bevorzugt sie einen schuldrechtlichen Ausgleich nach der Scheidung? Der Versorgungsträger muss gegebenenfalls beide Alternativen (V31 und V102) beauskunften.
Ein Versorgungsträger ist ab dem 1.8.2021 nach einer rechtskräftigen Entscheidung nur noch in dem Umfang vor doppelter Inanspruchnahme geschützt, indem er tatsächlich Leistungen an die ausgleichspflichtige Person erbringt. Für eventuell darüber hinausgehende Ansprüche der ausgleichsberechtigten Person besteht kein Schutz gemäß § 30 VersAusglG.
Da die Änderungen jedoch nicht nur neue Anfragen erfassen, muss auch in laufenden Verfahren mit Nachfragen aufgrund der geänderten Vorschriften gerechnet werden.
Konkretisierungen des BGH in den Beschlüssen vom 24.3.2021 - XII ZB 230/16 und vom 10.2.2021 - XII ZB 284/19
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 24.3.2021 (XII ZB 230/16) die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht-Urteils vom 26.5.2020 (1 BvL 5/18) zur externen Teilung für die Praxis konkretisiert. Die Änderungen, die zum 1.8.2021 in Kraft treten, finden darin allerdings noch keine Berücksichtigung.
So legt der BGH fest:
- Bei einer Direktzusage kann der Ausgleichswert mit dem Rechnungszins berechnet werden, der dem durchschnittlich restlaufzeitadäquaten Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre entspricht. Der Abzinsungsfaktor muss in solchen Fällen nicht mehr aus dem geglätteten durchschnittlichen Marktzinssatz in einem Betrachtungszeitraum von sieben Jahren abgeleitet werden.
- Für Ehezeiten vor Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) (Zeiten bis zum 30.11.2008) darf der auf § 6a Abs. 3 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EstG) beruhende steuerliche Rechnungszins in Höhe von 6 Prozent jährlich verwendet werden.
- Wird der Ausgleichswert mit einem 3 Prozent nicht übersteigenden Rechnungszins bestimmt, kann derzeit bei einer externen Teilung in der Regel davon ausgegangen werden, dass die gesetzliche Rentenversicherung der ausgleichsberechtigten Person prognostisch die höchste Versorgungsleistung bietet. Verfassungsrechtlich bedenkliche Transferverluste sind zudem nicht zu erwarten. Schwieriger wird es, wenn zum Ehezeitende beziehungsweise Eingang des Abänderungsantrags die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr als aufnahmebereite Zielversorgung herangezogen werden kann. Gegebenenfalls soll das Gericht einen Barwertvergleich vornehmen.
- Der Versorgungsträger ist auf gerichtliche Nachfrage verpflichtet, ergänzend Auskunft über die Höhe der fiktiven Versorgung der ausgleichsberechtigten Person im Falle einer internen Teilung zu erteilen (analog § 220 Abs. 4 Satz 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)).
In seinem Beschluss vom 10.2.2021 (XII ZB 284/19) hat der BGH ausgeführt, dass Teilungskosten grundsätzlich auch den pauschalierten Kostenansatz in Höhe von 500 Euro deutlich übersteigen können (im Fall vor dem BGH ging es um Teilungskosten in Höhe von 4.284 Euro). Voraussetzung: Der Versorgungsträger kann detailliert darlegen, dass der Abzug innerhalb seiner Mischkalkulation lediglich zu einer vollständigen Umlage seiner Kosten, nicht aber zu einer Bereicherung führt.
Fazit
Die Bearbeitung eines Versorgungsausgleichs wird umfangreicher. Insbesondere bei der externen Teilung wird allen Beteiligten mehr Aufwand zugemutet. Positiv ist, dass der BGH frühzeitig Stellung bezogen hat. Negativ ist, dass hinsichtlich der gestiegenen Kostenbelastung der Versorgungsträger bisher kaum Tendenzen erkennbar sind, wie diese ausgeglichen werden sollen.
Was ist zu tun?
- Die mathematischen Vorgaben müssen berücksichtigt werden.
- Die administrativen Abläufe müssen angepasst werden. Das kann beispielsweise die Teilungsordnungen betreffen, wenn wegen der Zusammenrechnung der Anrechte bei der externen Teilung entschieden wurde, welche Anrechte wie geteilt werden sollen.
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