Green HR: Was kann das Personalwesen für die Umwelt tun?

Welchen Beitrag kann HR zur Nachhaltigkeit im Unternehmen leisten? Diese Frage treibt derzeit viele Personalverantwortliche um. Das Personalmagazin hat das Thema mit vier prominenten Gästen diskutiert. Diese waren sich einig, dass es eine gewaltige Veränderung des Mindsets in den Unternehmen und bei den Belegschaften braucht, um dem Ziel echter Nachhaltigkeit näher zu kommen.

Green HR: Was bedeutet das eigentlich? Was hat HR mit Nachhaltigkeit zu schaffen? Die Diskussionsteilnehmer Rupert Felder (Leiter Personal bei Heidelberger Druck), Kai Anderson (Veränderungsexperte bei der Unternehmensberatung Mercer), Unnolf Harder (Leiter Team Personalkultur bei Greenpeace) und Janina Zajic (Personalchefin bei der GLS Bank) eröffneten die Talkrunde unter Moderation von Personalmagazin-Redakteurin Katharina Schmitt mit einer persönlichen Positionierung zum Thema.

Rupert Felder machte klar, dass die Dekarbonisierung, also die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen, zu einem echten Gamechanger in der Unternehmenswelt werden wird. "Unternehmen werden nachhaltig oder sie verschwinden". Der Veränderungsdruck kommt von Kunden, aus der Belegschaft, aus der Finanzwelt, nicht zuletzt aber vom deutschen und vom europäischen Gesetzgeber, die zunehmend Regularien für nachhaltiges Wirtschaften auf den Weg bringen.

Rolle des HR-Bereichs beim Thema Nachhaltigkeit vielfach nicht definiert

Janina Zajic hob hervor, dass der HR-Bereich die Rolle habe, die Unternehmenskultur zu prägen. Nur wer als Mitarbeiter Sinnhaftigkeit erlebt, wird einen Weg der Nachhaltigkeit mitgehen. Die Unternehmensführung muss das glaubhaft vorleben und ökologische Ziele ernsthaft verfolgen, sonst werde keine echte nachhaltige Unternehmenskultur entstehen.

Unnolf Harder von Greenpeace sah das Thema in größeren Zusammenhängen verhaftet. Man müsse den Sinn des Wirtschaftens hinterfragen. Solange die Jagd nach monetären Zielen die Unternehmensführung präge, werde man nicht zu Nachhaltigkeit gelangen.

Für Kai Anderson steht "Green HR" für die Frage, wie das People Management auf das ganze Spektrum der Nachhaltigkeit einzahlen kann. Dabei stehen zwei Herausforderungen im Vordergrund: Zum einen die Aufgabe, die Transformation des Unternehmens in der Weise zu begleiten, dass man die gesamte Unternehmensorganisation im Kern auf Nachhaltigkeit ausrichte. Zum anderen dürfe HR das Thema Nachhaltigkeit nicht rein ökologisch denken, sondern müsse sich auch der "Social Sustainability" widmen und mit gutem Gesundheitsmanagement, fairer Bezahlung und individuellen Entwicklungsmöglichkeiten unter Einbeziehung von Diversity und Inclusion soziale Nachhaltigkeitsziele verfolgen.

Nachhaltigkeit: Alle wollen sie, nur wenige tun etwas

Diese unterschiedlichen Blickrichtungen auf die Ausgangsfrage, welche Rolle HR beim Thema Nachhaltigkeit einnimmt, prägten die spannende Diskussion. Dass auf der einen Seite Nachhaltigkeit immer mehr in den Blickpunkt rückt und laut einer Studie für 75 Prozent der Unternehmen Orientierung an ESG-Kriterien bereits eine hohe Priorität hat, steht in krassem Widerspruch dazu, dass der Ressourcenverbrauch in Deutschland keineswegs rückläufig ist, sondern nach wie vor steigt. Sich auf der Bekenntnisebene Nachhaltigkeitszielen zu verschreiben, sei das eine, auf der Handlungsebene zu zählbaren Erfolgen zu kommen, aber eine noch immer ungelöste Aufgabe.

Nach welchen messbaren Kriterien lassen sich Produkte, Produktionsprozesse, aber eben auch die Personalarbeit nachhaltiger machen? Macht der Kauf von CO2-Zertifikaten ein Unternehmen nachhaltig oder ist das nur Greenwashing? Welche Instrumente stehen HR zur Verfügung, um eine Transformation zum nachhaltigen Unternehmen in Gang zu setzen?

Unternehmen brauchen ein echtes Nachhaltigkeits-Mindset

Die Diskussion der vier Experten legte offen, dass es keine Rezepte aus der Schublade gibt, wie der HR-Bereich im Unternehmen Nachhaltigkeit vorantreiben kann. Einig war sich die Runde, dass ein entsprechendes Mindset im Unternehmen geschaffen werden muss. Ohne ein echtes Bewusstsein und eine wirkliche Verankerung als ernsthaft angestrebtes Ziel werden alle Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit nur Feigenblattcharakter haben. Es bringe beispielsweise nichts, so Unnolf Harder, wenn ein Automobilkonzern in seiner Produktstrategie das Ziel verfolge, den SUV-Anteil seiner verkauften Fahrzeuge signifikant zu erhöhen und sich gleichzeitig damit brüste, Jobrad für seine Mitarbeiter einzuführen. Da fehle es an einem echten Mindset und letztlich müsse man auch den Unternehmenszweck in Frage stellen, wenn echte Nachhaltigkeit das Ziel sein solle.

Eine andere kontrovers diskutierte Fragestellung war, ob es Sinn mache - wie es beispielsweise bei den Vorstandsvergütungen bereits gehandhabt werde -  durch entsprechend gestaltete Vergütungssysteme einen Anreiz für das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen zu schaffen. Die Einschätzungen waren hier unterschiedlich und reichten von "sinnvolles Instrument, um eine Richtung vorzugeben" bis zur Meinung, dass man das nötige Mindset nicht erkaufen könne.

HR sollte das Thema Nachhaltigkeit strategisch vorantreiben

HR wird sich beim Thema Nachhaltigkeit positionieren müssen und sollte eine eigene Nachhaltigkeitsagenda haben, im besten Falle eine aus einer Unternehmensstrategie abgeleitete HR-Strategie. Noch ist es vielfach so, dass in den Unternehmen noch keinerlei Fahrplan existiert, wo man eigentlich hinmöchte. Zwar gibt es bereits viele Aktivitäten, doch laufen diese meist unkoordiniert und mit uneinheitlichen Zielen nebeneinander, statt einer gemeinsamen Strategie zu folgen. Nachhaltig wird ein Unternehmen letztlich nur werden können, wenn das Thema in der DNA des Unternehmens verankert wird.


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