Rz. 64
Häufig unterzieht der Haftpflichtversicherer die ihm zugestellte Klage einer nochmaligen Prüfung und kommt zu dem Ergebnis, dass der geltend gemachte Anspruch entgegen seiner Auffassung in der außergerichtlichen Korrespondenz begründet ist. In diesem Fall teilt er dem Rechtsanwalt seine Bereitschaft zum Ausgleich der Klageforderung mit und bittet ihn um Rücknahme der Klage. Hier kommt es auf die genauen Einzelheiten an, ob ein solches Verhalten eine Einigungsgebühr auslöst.
Rz. 65
Eine einseitige prozessuale Gestaltungserklärung wie eine Klagerücknahme und die gegebenenfalls erforderliche Zustimmung des Prozessgegners hierzu beinhalten als solche keine Vereinbarung im Sinne einer Einigungsgebühr und führen damit grundsätzlich nicht zum Anfall derselben. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Parteien über
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die Klagerücknahme, |
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die Zustimmung der beklagten Partei oder |
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einen Verzicht der Beklagten auf einen Kostenantrag |
eine Vereinbarung treffen, also einen Vertrag schließen. Der Abschluss eines solchen Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Sinne der Nr. 1000 VV RVG beseitigt wird, kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn inhaltlich etwas anderes als ein bloßes Anerkenntnis oder ein bloßer Verzicht durch eine der Parteien vereinbart wird. Wird die Klageforderung in vollem Umfang gezahlt und damit im Ergebnis anerkannt, genügt dies nicht. Auch der Umstand, dass die Beklagtenseite sich gleichzeitig zur Übernahme der Verfahrenskosten bereit erklärt und auf einen Kostenantrag verzichtet, stellt keine die Einigungsgebühr auslösende vertragliche Einigung dar.
Rz. 66
Zumindest wenn sich die Parteien darüber geeinigt haben, dass für den Fall des Anerkenntnisses die Klage zurückgenommen wird und der Beklagte die Kosten übernimmt, fällt aber die Einigungsgebühr an. Die Einigungsgebühr entsteht jedoch nicht, wenn die Parteien das Verfahren für ruhend erklären und sodann die Klage zurückgenommen wird.
Rz. 67
Auch ohne Einigung kann gem. Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG eine Terminsgebühr anfallen, wenn eine mögliche Einigung mündlich besprochen und auf diese Weise ein Termin zur mündlichen Verhandlung vermieden werden soll. Für die Entstehung dieser Terminsgebühr genügt es, dass unterschiedliche Vorstellungen der Prozessparteien über die Erledigung des Verfahrens ausgetauscht werden. Erfolgt die Verständigung dagegen lediglich schriftlich, ist eine Terminsgebühr nicht entstanden.