Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1179
Die Personalaktenführung muss den Grundsätzen der Richtigkeit, Vollständigkeit, Transparenz und Vertraulichkeit entsprechen. Der Grundsatz der Richtigkeit der Personalakte fordert, dass alle in der Personalakte enthaltenen Tatsachen wahr und aktuell sind. Was "unrichtig" ist, wirft bisweilen objektiv Probleme auf. Im Falle der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte kommt es beispielsweise alleine darauf an, ob der erhobene Vorwurf objektiv gerechtfertigt ist, nicht aber darauf, ob das beanstandete Verhalten dem Arbeitnehmer auch subjektiv vorgeworfen werden kann.
Rz. 1180
Der Grundsatz der Vollständigkeit verlangt, dass zusammengehörende Sachverhalte auch in sich vollständig und deshalb nicht die Wahrheit verzerrend dargestellt werden. Dies gebietet bereits die Achtung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers, auch wenn es hierzu keine dem Beamtenrecht entsprechende Vorschrift gibt (vgl. § 106 Abs. 1 BBG). Vollständig in diesem Sinne bedeutet auch, dass die materielle Personalakte vollständig "in einem Paket" geführt sein muss. Es dürfen keine Teile in Geheimakten oder Nebenakten ausgelagert werden. Unmittelbarer Ausfluss des Prinzips der Vollständigkeit ist das Recht des Beschäftigten, die Aufnahme bestimmter Tatsachen in die Personalakte zu verlangen (§ 83 Abs. 2 BetrVG, vgl. Rdn 1201).
Rz. 1181
Die Gebote der Richtigkeit und Vollständigkeit berechtigen den Arbeitgeber, im Rahmen der Pflege der Personalakten beispielsweise durch vertragliche Regelungen die Aktualisierung der Daten vom Arbeitnehmer einzufordern, vgl. Rdn 1185.
Rz. 1182
Der Grundsatz der Transparenz der Personalakte trägt ebenfalls dem Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten Rechnung. Transparenz bezieht sich dabei nicht auf jedermann, sondern in erster Linie auf den Beschäftigten selber. Insoweit ist das Transparenzgebot spezialgesetzlich in § 83 Abs. 1 BetrVG normiert.
Rz. 1183
Der Grundsatz der Vertraulichkeit schließlich erfordert, dass die Personalakten gegenüber Nichtberechtigten verschlossen bleiben müssen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein sinnvolles Zugriffskonzept zu entwickeln, das gewährleistet, dass nur im Rahmen der tatsächlichen dienstlichen Pflichten und der Erforderlichkeit auch ein Zugriff stattfindet. Dieser Zugriff ist auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Zu diesem Zwecke sind Personalakten verschlossen zu verwahren und der Zugriff zu kontrollieren. Das Recht des Beschäftigten auf Vertraulichkeit seiner Personalakten resultiert unmittelbar aus dem informationellen Selbstbestimmungsrecht, das Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ist. Verletzt der Arbeitgeber innerhalb des Arbeitsverhältnisses das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, so liegt darin zugleich auch ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.
Rz. 1184
Die vorstehenden Grundsätze gelten auch dann, wenn die Personalakten elektronisch geführt werden. In diesem Falle verlangen die Prinzipien zur Führung der Personalakte darüber hinaus auch eine ordnungsgemäße Datensicherung und eine Datenarchivierung. Es wird darauf hingewiesen, dass arbeitsrechtliche Formvorschriften, so z.B. das Erfordernis der Schriftform der Befristungsabrede, auch bei elektronischen Personalakten eine (wenn auch "entrümpelte") physische Akte erfordern, um die erforderlichen Nachweise führen zu können.