Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
aa) Überblick
Rz. 281
Inländische Stiftungen, die wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet sind, unterliegen in 30-jährigem Turnus der Erbersatzsteuer, die einen Übergang des gesamten Stiftungsvermögens von Todes wegen fingiert, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Hierdurch soll verhindert werden, dass das in den Familienstiftungen gebundene Vermögen auf Generationen der Erbschaftsteuer entzogen wird.
Rz. 282
Der Gesetzgeber hat 1974 die Erbersatzsteuer eingeführt. Das BVerfG hat die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung ausdrücklich bestätigt. Obwohl sich gegenwärtig für den durchschnittlichen Generationenwechsel eine Zeitspanne von ca. 40 bis 50 Jahren ergibt, kann die Erbersatzsteuer in einzelnen Fällen günstiger sein als die Erbschaftsteuer auf die normale Erbfolge. Dies gilt z.B. bei einer kürzeren Erbfolge als 30 Jahre, bei Eingreifen einer ungünstigeren Steuerklasse oder bei nur einem oder gar keinem Kind als Erben. Darüber hinaus ist die Erbersatzsteuer aufgrund des bekannten Anfallszeitpunkts besser planbar und deshalb gestaltbar.
bb) Berechnung der Erbersatzsteuer
Rz. 283
Die Höhe der Erbersatzsteuer bemisst sich so, als entfiele das Gesamtvermögen der Familienstiftung auf zwei Kinder des Stifters, vgl. § 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG. Dies gilt ungeachtet der tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse, also auch dann, wenn weniger als zwei Kinder begünstigt sind.
Rz. 284
Entsprechend ist der doppelte Kinderfreibetrag i.H.v. insgesamt 800.000 EUR vom Wert des Stiftungsvermögens abzuziehen, vgl. §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 15 Abs. 2 S. 3 Hs. 1 ErbStG. Die Steuer für den danach verbleibenden Gesamtwert bemisst sich nach dem Vomhundertsatz der Steuerklasse I, der für die Hälfte dieses Gesamtwerts gelten würde, vgl. § 15 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 ErbStG.
Rz. 285
Die so berechnete Steuer kann auf Antrag über 30 Jahre verrentet werden, vgl. § 24 ErbStG. Diese Jahresraten setzen sich aus der Tilgungsleistung und einer Verzinsung i.H.v. 5,5 Prozent p.a. zusammen.
cc) Bemessungsgrundlage und Bewertung
Rz. 286
Die Bemessungsgrundlage der Erbersatzsteuer erstreckt sich auf das gesamte Stiftungsvermögen zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerpflicht. Zustiftungen nach Errichtung der Stiftung werden demnach unabhängig von dem Zeitpunkt ihres Zugangs von der Erbersatzsteuer erfasst. Das ist bei der Gründung einer sog. Stufenstiftung zu berücksichtigen.
Rz. 287
Praxishinweis
Bei einer Stufenstiftung gründet der Stifter die Familienstiftung noch zu Lebzeiten und überträgt ihr vorerst geringe Vermögenswerte. Vorteile dabei sind, dass der Stifter bei aufkommenden Schwierigkeiten selbst eingreifen und auch den Wert des übertragenen Vermögens durch Bestimmung des Zeitpunkts beeinflussen kann. Die Steuer entsteht mit dem Zeitpunkt der Übertragung, unüberschaubare Vermögensentwicklungen zwischen dem Anfall der Zuwendung und der Anerkennung der Stiftung von Todes wegen können daher vermieden werden.
Allerdings beginnt die 30-Jahres-Frist ab dem Zeitpunkt der ersten Vermögensübertragung zu laufen. Liegt daher zwischen der anfänglichen Zuwendung unter Lebenden und der bedeutenderen Zuwendung von Todes wegen ein längerer Zeitraum, wird die Erbersatzsteuer bereits verhältnismäßig früh auf den Gesamtwert ausgelöst.
Die Vor- und Nachteile einer Stufengründung sind im Einzelfall sorgfältig abzuwägen.
Rz. 288
Die Erbersatzbesteuerung wird nicht auf die Vermögensteile, die dem Interesse der Familie dienen, beschränkt. Ebenso wenig kann der Kapitalwert künftiger Leistungen an satzungsmäßig Begünstigte abgezogen werden, vgl. § 10 Abs. 7 ErbStG. Das Abzugsverbot gilt grundsätzlich auch für Versorgungsleistungen an den Stifter oder seine Angehörigen, zu denen die Stiftung anlässlich einer zur Erstausstattung gehörenden Betriebsübergabe verpflichtet worden ist. Bei Zustiftungen kann die Sachlage jedoch anders zu bewerten sein. Die Koppelung der Zustiftung an die Verpflichtung zu künftigen Versorgungsleistungen kann eine Last darstellen, die von vornherein das für satzungsmäßige Zwecke zur Verfügung stehende Vermögen mindert. Eine solche Leistungspflicht ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Rz. 289
Die Familienstiftung kann die Bemessungsgrundlage jedoch durchaus gestalten und entsprechend mindern. Insbesondere kann sie die satzungsmäßigen Mittelabflüsse an die Begünstigten vor Ablauf der 30 Jahre intensivieren oder auch die "normalen" Zuwendungen der nächsten Folgejahre vorziehen, sofern die voraussichtliche Erbersatzsteuerbelastung die durch die Ausschüttung ausgelöste Einkommensteuer der Destinatäre übersteigen...