Rz. 175
Die Gebühren des Unterbevollmächtigten sind in Teil 3, Abschnitt 4 VV RVG geregelt. Beschränkt sich danach der Auftrag auf die Vertretung in einem Termin i.S.d. Vorbemerkung 3 Abs. 3, erhält der Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr in Höhe der Hälfte der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Verfahrensgebühr (Nr. 3401 VV RVG). Die Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3402 VV RVG in Höhe der einem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Terminsgebühr.
Rz. 176
Damit wird der Unterbevollmächtigte regelmäßig in 1. Instanz folgende Gebühren verdienen können:
0,65 Verfahrensgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 i.V.m. Nr. 3401 VV RVG
1,2 Terminsgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3104 i.V.m. Nr. 3402 VV RVG
oder bei Versäumnisurteil:
0,65 Verfahrensgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 i.V.m. Nr. 3401 VV RVG
0,5 Terminsgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3105 i.V.m. Nr. 3402 VV RVG
Rz. 177
Endet der Auftrag, bevor der Termin begonnen hat, beträgt die Gebühr Nr. 3401 VV RVG höchstens 0,5, vgl. dazu Nr. 3405 Nr. 2 VV RVG. Das kommt z.B. vor, wenn kurz vor dem Termin die Parteien sich vergleichen, der Termin deshalb nicht stattfindet und aufgehoben wird und der bereits informierte Unterbevollmächtigte informiert wird, dass sich die Sache vorzeitig (d.h. vor Wahrnehmung des Termins) für ihn erledigt hat.
Rz. 178
Im Berufungs- und Revisionsverfahren entstehen die entsprechenden Gebühren nach Teil 3, Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 und 2 VV RVG.
Rz. 179
Der Hauptbevollmächtigte erhält in 1. Instanz beispielsweise für das Einreichen einer Klageschrift eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Eine "automatische Terminsgebühr", die von der Terminsgebühr des Unterbevollmächtigten abhängig ist, erhält der Hauptbevollmächtigte nicht.
Rz. 180
Büromäßige Behandlung:
Der Unterbevollmächtigte wird meist "namens und im Auftrag" des Mandanten beauftragt werden. Formuliert man hier im Auftragsschreiben falsch und entsteht der Eindruck, der Auftrag sei vom Hauptbevollmächtigten selbst erteilt worden, gilt der Hauptbevollmächtigte als Auftraggeber mit der Folge, dass er die Gebühren des Unterbevollmächtigten im Zweifelsfall auch zu bezahlen hat.
Rz. 181
Entstehung und Erstattungsfähigkeit
Nimmt eine Partei sich zwei Rechtsanwälte zur Vertretung, wie z.B. einen Haupt- und einen Unterbevollmächtigten, so entstehen Gebühren beim Unterbevollmächtigten und auch beim Hauptbevollmächtigten. Grundsätzlich hat der Auftraggeber diese Kosten zu bezahlen. Gewinnt er einen Prozess, hat er nach § 91 ZPO einen Anspruch darauf, dass ihm die "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung“ entstandenen Gebühren und Auslagen erstattet werden. Es stellt sich daher die Frage, ob die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung "notwendig" war. Nur wenn diese Frage bejaht wird, werden die Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten angefallen sind, auch erstattungsfähig sein, d.h., das Gericht wird sie nur dann auch gegen einen unterlegenen Gegner festsetzen. Das Kapitel "Erstattungsfähigkeit" ist für den Mandanten und die anwaltliche Praxis von erheblicher Bedeutung. Man kann sich vorstellen, dass Gerichte unterschiedlicher Meinung sind, was denn nun "notwendig" gewesen sei. Die Rechtsprechung, die zu diesem Thema bisher ergangen ist, ist mannigfaltig. Um den Rahmen dieses Werks nicht zu sprengen, kann nicht detailliert auf die bisher ergangene Rechtsprechung eingegangen werden. Einige Grundsätze können jedoch einen Anhaltspunkt geben."
Rz. 182
Der BGH hat entschieden, dass die Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten entstanden sind, soweit erstattungsfähig sind, als sie die fiktiven Reisekosten eines Hauptbevollmächtigten zum Termin nicht wesentlich übersteigen. "Nicht wesentlich" hat der BGH mit 10 % definiert. Dies bedeutet, dass zunächst die Mehrkosten zu ermitteln sind. Die Mehrkosten sind nicht der Betrag, der sich aus der Rechnung des Unterbevollmächtigten ergibt, sondern vielmehr die Kosten, die sich nach Abzug der Kosten eines Rechtsanwalts ergeben.
Rz. 183
Beispiel
Tatsächliche Kosten:
Hauptbevollmächtigter:
1,3 Verfahrensgebühr (für Klageeinreichung)
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 VV RVG
zzgl. Auslagen u. USt.
Unterbevollmächtigter (Termin wahrgenommen, streitige Verhandlung)
0,65 Verfahrensgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3401 i.V.m. 3100 VV RVG
1,2 Terminsgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3402 i.V.m. 3104 VV RVG
zzgl. Auslagen u. USt.
Mehrkosten:
Wäre nur ein Rechtsanwalt aufgetreten, so wären folgende Gebühren entstanden:
Fiktive Kosten eines Rechtsanwalts
1,3 Verfahrensgebühr (für Klageeinreichung)
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 VV RVG
1,2 Terminsgebühr
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3104 VV RVG (für Terminswahrnehmung)
zzgl. Auslagen u. USt.
Die tatsächlichen Kosten abzüglich der fiktiven Kosten eines Rechtsanwalts ergeben die Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten entstanden sind. Nun si...