Rz. 17

Der Anteil am Nachlass wird durch die Erbquote bestimmt, mit der ein Miterbe am Nachlass beteiligt ist. Über diesen Anteil kann der Miterbe verfügen, so lange auch nur noch ein einziger Nachlassgegenstand vorhanden und die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist.[35] Als Minus zur Verfügung über den gesamten Anteil kann der Erbe auch über einen Bruchteil seines Miterbenanteils verfügen.[36] Einzelne Gegenstände oder Rechte können nicht von der Verfügung ausgenommen werden.[37]

 

Rz. 18

Die Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf das Recht am Miterbenanteil einzuwirken, es also entweder auf einen Dritten zu übertragen, mit einem Recht zu belasten, das Recht aufzuheben oder es sonst wie in seinem Inhalt zu verändern.[38] Unter Verfügung i.S.v. § 2033 Abs. 1 BGB ist mithin nur das dingliche Rechtsgeschäft, nicht die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung zu verstehen, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Miterbenanteil einwirkt. Auch die Zwangsvollstreckung gem. §§ 859 Abs. 2, 857 ZPO ist Verfügung i.S.v. § 2033 BGB, sodass der Nachlassanteil, nicht hingegen der Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen gepfändet werden kann.[39]

 

Rz. 19

Die Verfügung über einen Erbteil muss gem. § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB notariell beurkundet werden, § 128 BGB, § 20 BNotO. Ein Verstoß gegen das Erfordernis der notariellen Beurkundung führt gem. § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit des Verfügungsvertrags. Durch Vollziehung der Übertragung wird ein Mangel in der Form nicht geheilt.[40]

 

Rz. 20

Über einen Anteil am Nachlassgegenstand kann ein Miterbe weder allein noch zusammen mit den übrigen Miterben verfügen. Möglich ist aber die einvernehmliche Verfügung aller Miterben über den gesamten Nachlassgegenstand, § 2040 Abs. 1 BGB.[41] Jedes dingliche Rechtsgeschäft ist "Verfügung", da es ohne weiteres auf das Recht am Nachlassgegenstand einwirkt. Die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung ist keine Verfügung, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Nachlassgegenstand einwirkt.[42] Es gibt jedoch auch im Bereich des Schuldrechts Erklärungen, die unmittelbar ein Schuldverhältnis umgestalten und daher Verfügungen sind. So sind z.B.

Erlass (§ 397 BGB),
Abtretung (§ 398 ff. BGB),
befreiende Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB)[43] und
Vertragsübernahme[44]

Verfügungen i.S.v. § 2033 Abs. 2 BGB.

Gestaltungserklärungen wie

Anfechtung (§§ 119 ff. BGB),[45]
Rücktritt (§ 349 BGB),
Aufrechnung (§ 388 BGB) und
Kündigung

wirken auch unmittelbar auf ein Recht am Nachlassgegenstand ein und sind daher ebenfalls Verfügungen.[46] Grundsätzlich gilt dieses Verfügungsverbot auch, wenn lediglich noch ein Nachlassgegenstand vorhanden ist. Dann ist jedoch § 140 BGB (Umdeutung) zu beachten.[47] Unwirksam ist insb. die Verfügung eines Miterben über seinen Anteil an einem Nachlassgrundstück, die Belastung mit einem Nießbrauch oder Grundpfandrecht.[48] Wegen des Gläubigerschutzes kann ein Miterbe auch nicht über seinen Anspruch auf das künftige Auseinandersetzungsguthaben verfügen.[49]

[35] BGH NJW 1969, 92.
[36] BayObLG NJW-RR 1991, 1030, 1031; BGH NJW 1963, 1610 (LS 1) u. S. 1611.
[37] Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 44 II 3 Fn 79.
[39] BGH NJW 1967, 200, 201; 1969, 1347, 1348; im Einzelnen zur Zwangsvollstreckung: siehe unten Rdn 183.
[40] BGH NJW 1967, 1128, 1130 f.
[41] Siehe unten Rdn 33.
[42] Siehe zum Vorkaufsrecht gem. § 2034 BGB unten Rdn 28.
[43] Grüneberg/Ellenberger, Überblick vor § 104 Rn 16.
[44] Grüneberg/Grüneberg, § 398 Rn 38 f.
[45] Nicht hingegen die Anfechtung nach dem AnfG.
[46] Grüneberg/Ellenberger, Überblick vor § 104 Rn 17.
[47] Siehe unten Rdn 27.
[48] RGZ 88, 21, 26.
[49] H.M., Einzelheiten zum Streitstand bei MüKo/Gergen, § 2033 Rn 11, zur Möglichkeit der Pfändung siehe unten Rdn 183.

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