Marnie Plehn, Peter Hützen
Rz. 55
Die Regelungen des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG bzw. § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO setzen voraus, dass die zu kündigenden Arbeitnehmer "im" Interessenausgleich oder in einer gesonderten Namenliste namentlich genannt sind (LAG Potsdam v. 19.2.1998, LAGE § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 8; LAG Hamm v. 6.7.2000, EWiR 2001, 125 m. Anm. Grimm = ZInsO 2001, 336).
Rz. 56
Der Interessenausgleich, der vor Abgabe der Kündigungserklärung schriftlich abgeschlossen sein muss (§ 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG i.V.m. §§ 125, 126 BGB), ist vom Insolvenzverwalter sowie vom Betriebsrat (§ 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG) und ggf. zusätzlich vom Einigungsstellenvorsitzenden (§ 112 Abs. 3 BetrVG) zu unterzeichnen. Die Niederschrift des Interessenausgleiches ist eine Gesamturkunde, deren Einheitlichkeit durch Zusammenheften, fortlaufende Paginierung, fortlaufendes Nummerieren der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher grafischer Gestaltung, durch Bezugnahme oder den eindeutigen Sachzusammenhang des fortlaufenden Textes hergestellt werden kann. Die Namensliste, die entweder im Interessenausgleich selbst steht oder als gesondert erstellte Anlage dessen Bestandteil ist, muss die Identifizierung der von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer zweifelsfrei ermöglichen. Falls keine Verwechslungsgefahr besteht, soll zwar allein die Nennung des Nachnamens, ja sogar die eines Kose- oder Spitznamens genügen (Willemsen/Annuß, NJW 2004, 177, 180; TLL/Benkert, § 1 KSchG Rn 918), jedoch ist es ratsamer, stets den oder die Vornamen aufzuführen und auch das jeweilige Geburts- und Eintrittsdatum anzugeben, da diese Angaben für die Sozialauswahl benötigt werden und dem Betriebsrat in diesem Zusammenhang sowieso mitzuteilen sind. Bei Namensgleichheit stellen sie weitere Unterscheidungsmerkmale dar.
Rz. 57
Wird ein Interessenausgleich mit Namensliste eingereicht, so muss letztere ein äußeres Merkmal aufweisen, das sie als Bestandteil des Interessenausgleichs ausweist. Wegen des Gebotes der Urkundeneinheit und wegen des Formprinzips des Bezugnahmeverbots (s. dazu Sternel, MDR 1998, 33) genügt der einseitige Hinweis im Interessenausgleich, also eine bloße Bezugnahme, auf eine "lose" beigefügte "Anlage 1", die von den Betriebspartnern nicht unterzeichnet ist, ebenso wenig (so schon LAG Rheinland-Pfalz v. 17.10.1997, LAGE § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 2) wie die Verwahrung der Namensliste in einer Plastikhülle innerhalb eines Ordners, weil diese unter solchen Umständen problemlos ausgetauscht werden könnte (BAG v. 20.5.1999, ZInsO 2000, 351). Vielmehr ist eine feste Verbindung der Namensliste mit dem Interessenausgleich (z.B. mittels Heftmaschine) erforderlich (BAG v. 7.5.1998 – 2 AZR 55/98, BuW 1998, 799 = NZA 1998, 1110 = ZIP 1998, 1885; s.a. LAG Hamm v. 23.3.2000, ZInsO 2000, 570; LAG Hamm v. 23.3.2000, ZInsO 2000, 571); eine Büroklammer genügt nicht (Ascheid/Preis/Schmidt/Kiel, § 1 KSchG Rn 710). Ist die nicht unterschriebene Namensliste mit dem Interessenausgleich mittels Heftmaschine fest verbunden, dann muss sie nicht ausdrücklich als Anlage zum Interessenausgleich bezeichnet und mit Ort und Datum versehen sein. Die Schriftstücke müssen allerdings bereits im Augenblick der Unterzeichnung als einheitliche Urkunde erkennbar sein; sie dürfen nicht erst nachträglich zusammengeheftet werden (BAG v. 6.7.2006 – 2 AZR 520/05, NZA 2007, 266 = ZIP 2006, 2329). Gleiches gilt, wenn die ursprünglich vorhandene Gesamturkunde zerstört worden ist, in dem die Heftklammern gelöst worden sind. Dass dies lediglich zwecks Kopierens geschehen sein soll und dass die losen Blätter danach wieder zusammengeheftet sind, ist unbeachtlich (LAG Hamm v. 6.7.2000 – 4 Sa 233/00, EWiR 2001, 125 m. Anm. Grimm = ZInsO 2001, 336).
Rz. 58
Wird die Namensliste getrennt vom Interessenausgleich erstellt, reicht es aus, wenn sie von den Betriebsparteien unterzeichnet und in ihr auf den Interessenausgleich oder im Interessenausgleich auf die Liste Bezug genommen ist (BAG v. 19.6.2007 – 2 AZR 304/06, AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969 Namensliste m. Anm. Wallner = NZA 2008, 103 = SAE 2008, 181, m.w.N. in Rn 32), falls dies bis zur Abgabe der Kündigungserklärungen geschieht (Ascheid/Preis/Schmidt/Kiel, § 1 KSchG Rn 710; KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 703g; TLL/Benkert, § 1 KSchG Rn 915). Zwar verbietet das Gesetz nicht, eine Liste mit den zu kündigenden Arbeitnehmern als Anlage zu einem Interessenausgleich zu nehmen, jedoch reicht dies nur dann aus, wenn die getrennt vom Interessenausgleich erstellte Namensliste von den Betriebsparteien unterzeichnet ist und in ihr oder im Interessenausgleich auf sie Bezug genommen wird (BAG v. 21.2.2002, BAGReport 2003, 16 = NZA 2002, 1360 = ZInsO 2002, 1103; s.a. BGH v. 24.9.1997 – XII ZR 234/95, NJW 1998, 58 = MDR 1998, 31 m. Anm. Sternel).
Rz. 59
Das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung schließt es aus, eine "Negativliste" (s. zur Definition LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 8.3.2007 – 1 Sa 289/06, n.v.; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 8.3.2007 – 1 Sa 287/06, n.v.) anstelle der gese...