Rz. 230
Verantwortliche Unternehmer sichern sich gegen Risiken, die sie nicht beherrschen können, in angemessener Weise ab. Der unerwartete Tod ist ein solches Risiko. Die Absicherung durch ein Notfalltestament, dessen Regelungen – hoffentlich – nie zum Tragen kommen, kann den Fortbestand des Unternehmens bzw. einer Unternehmensbeteiligung sowohl im Interesse des Betriebes und seiner Mitarbeiter als auch im Interesse der Unternehmerfamilie ermöglichen. Hier geht es ausdrücklich nicht um die vollständige Strukturierung der Unternehmensnachfolge wie man sie bei einem Übergang unter Lebenden anstreben würde. Vielmehr geht es darum, eine Weitergabe der Unternehmerstellung von Todes wegen überhaupt erst zu ermöglichen und diese für den Fall der Fälle abzusichern.
Vor diesem Hintergrund sollte das Unternehmertestament aber wenigstens folgende Regelungen enthalten:
Rz. 231
In jedem Fall muss die Erbeinsetzung geregelt werden. Erbe sollte, wie bereits oben erwähnt, regelmäßig der ins Auge gefasste Unternehmensnachfolger werden. Sollen mehrere Personen in die Unternehmerstellung nachrücken, können sie auch gemeinsam zu Erben berufen werden. In diesem Fall entsteht eine Erbengemeinschaft, für deren Verwaltung bzw. spätere Auseinandersetzung weitergehende Regelungen sinnvoll sein können.
Rz. 232
Wird der bzw. werden die Unternehmensnachfolger zu Erben eingesetzt, die übrigen Verwandten jedoch von der Erbfolge ausgeschlossen, so ist es in der Regel unter verschiedenen Gesichtspunkten erforderlich, diese durch Vermächtnisanordnungen angemessen zu bedenken. Wirtschaftlich kann durch Vermächtnisanordnungen sogar im Extremfall der gesamte Nachlass Nicht-Erben zugewendet werden (Universalvermächtnis). In Praxis bildet die Vermächtnisanordnung mithin die ideale Möglichkeit, nicht zur Unternehmensnachfolge berufenen Angehörigen eine wirtschaftliche Absicherung zuteilwerden zu lassen. Dies kann durch die Zuwendung bestimmter Gegenstände, beispielsweise Immobilien, erfolgen, aber auch durch die Anordnung von Rentenvermächtnissen, aufgrund derer dem Vermächtnisnehmer ein Anspruch auf regelmäßige Zahlungen durch den Erben zusteht. Auch der Nießbrauch (an Immobilien oder Unternehmen) kann Gegenstand einer Vermächtnisanordnung sein.
Rz. 233
Wie bereits angedeutet, ist der Vermächtnisnehmer zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf die Mitwirkung des Erben angewiesen. Will man den Vermächtnisnehmer insoweit zusätzlich absichern, kann dies durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung geschehen. Der Testamentsvollstrecker (der sogar mit dem Vermächtnisnehmer identisch sein kann) hat dann die Aufgabe, das Vermächtnis zu erfüllen. Dies ist sogar ohne Mitwirkung bzw. gegen den Willen des Erben möglich. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist auch regelmäßig dann angeraten, wenn Minderjährige als Erben oder Vermächtnisnehmer berufen sein könnten. Soll sich die Testamentsvollstreckung auch auf unternehmerisches Vermögen beziehen, ist allerdings genau zu prüfen, ob und inwieweit dies rechtlich überhaupt möglich ist. Insbesondere Personenunternehmen (Einzelunternehmen bzw. Anteile an Personengesellschaften) sind als Gegenstände einer Testamentsvollstreckung mitunter problematisch (vgl. § 10).
Rz. 234
Schließlich gilt es zu bedenken, ob und ggf. welche Pflichtteilsberechtigten vorhanden sind. Denn durch die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen kann die beste testamentarische Gestaltung ausgehebelt werden. Dies gilt umso mehr, als der Pflichtteilsanspruch von Gesetzes wegen als – grundsätzlich – sofort fälliger Geldanspruch ausgestaltet ist, dessen Höhe sich im Wesentlichen am Verkehrswert des relevanten Vermögens (Nachlass zuzüglich pflichtteilsrelevante lebzeitige Zuwendungen) orientiert. Den wirksamsten Schutz gegen Pflichtteilsprobleme bildet die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigten. Aber auch ein solcher kann nur dann wirklich wirksam werden, wenn anschließend auch ein die erweiterten Testiermöglichkeiten nutzendes Testament errichtet wird.