Die Entscheidung des BGH ist im Ergebnis zutreffend.

Die Begründung ist zwar bedenklich. Denn sowohl die Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV als auch die höhere Terminsgebühr aus dem Mehrwert des Vergleichs fallen bereits mit Aufnahme der Vergleichsverhandlungen an. Diese Gebühren sind damit unabhängig davon, ob es überhaupt zu einem Vergleichsschluss bzw. einer Einigung kommt (s.o.). Sie sind auch unabhängig davon, ob der Vergleich später widerrufen wird. Kommt es nicht zu einer Einigung oder wird diese widerrufen, dann entsteht keine Einigungsgebühr, weil es sich insoweit um eine Erfolgsgebühr handelt. Die Verfahrensdifferenzgebühr sowie die höhere Terminsgebühr bleiben jedoch bestehen. Es handelt sich damit entgegen der Auffassung des BGH nicht um Gebühren, die durch den Vergleich ausgelöst werden.

Auslegung des Vergleichs

Die Entscheidung des BGH ist aber im Ergebnis deshalb richtig, weil Vergleiche nach §§ 133, 157 BGB auszulegen sind. Es ist danach zu fragen, was die Parteien mit der vergleichsweisen Regelung gewollt haben. Auch wenn der reine Wortlaut dafür spricht, die Verfahrensdifferenz- und die Terminsgebühr nicht als Kosten des Vergleichs anzusehen, widerspricht dies doch dem Willen der Parteien. Sie wollen alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Vergleich stehen – und dazu gehören auch die Kosten für das Aushandeln des Vergleichs und dessen Protokollierung – als gegeneinander aufgehoben wissen. Für diese Auslegung spricht insbesondere auch die Entscheidung des BGH, wonach die Verfahrensdifferenzgebühr und die höhere Terminsgebühr nicht zu den Kosten des Rechtsstreits zählen, wenn es nicht zum Abschluss des Vergleichs kommt.

 

Hinweis

Wollen die Parteien lediglich die Einigungsgebühren, also die beiderseitigen Einigungsgebühren der Anwälte nach Nrn. 1000, 1003 VV sowie die 0,25-Gerichtsgebühr nach Nr. 1900 GKG-KostVerz. von der Kostenerstattung ausnehmen und gegeneinander aufheben, dann müssen sie dies im Vergleich entsprechend klarstellen.

Will der Kläger im Beispielsfall nicht, dass auch die Verfahrensdifferenzgebühr und die höhere Terminsgebühr gegeneinander aufgehoben werden, muss er den Vergleich wie folgt abschließen:

"Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte mit Ausnahme der anwaltlichen und gerichtlichen Einigungsgebühren, die gegeneinander aufgehoben werden."

In diesem Fall ist es eindeutig, dass die Verfahrensdifferenzgebühr und die weitergehende Terminsgebühr nicht zu erstatten und festzusetzen sind.

AGKompakt 12/2019, S. 124 - 127

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