Leitsatz
Für die anwaltliche Zustellung einer einstweiligen Verfügung durch einen anderen Anwalt entsteht eine Verfahrensgebühr in Höhe von 0,3 nach Nr. 3309 VV. Diese Gebühr ist erstattungsfähig, wenn die einstweilige Verfügung unverzüglich zugestellt werden muss und dies nur im Wege der anwaltlichen Zustellung möglich ist.
OLG Celle, Beschl. v. 27.3.2008 – 23 W 31/08
1 I. Der Fall
In einem einstweiligen Verfügungsverfahren auf Herausgabe eines Reisebusses wurde dem Antrag stattgegeben. Da der Bus bereits am Folgetage verkauft zu werden drohte, wurde die einstweilige Verfügung anwaltlich zugestellt. Dies geschah nicht durch den Prozessbevollmächtigten, sondern durch einen Anwalt am Ort der Niederlassung des Verfügungsbeklagten. Für diese Tätigkeit machte der Verfügungskläger eine 1,0-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3400 VV geltend. Die Beschwerde hatte nur hinsichtlich der Festsetzung einer 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Keine Verfahrensgebühr für die Zustellung nach Nr. 3400 VV RVG
Das Beschwerdegericht hat nur eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV festgesetzt. Es hat sich dabei auf die h.M. berufen, wonach in der Zwangsvollstreckung keine Verfahrensgebühr nach Nr. 3400 VV anfallen kann, sondern – soweit für die Zustellung überhaupt eigene Gebühren anfallen können – Nr. 3309 VV unmittelbar Anwendung findet.
3 III. Der Praxistipp
Gesonderte Gebühr nur bei Einzeltätigkeit
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Zu einer gesonderten Gebühr konnte es hier nur deshalb kommen, weil die anwaltliche Zustellung nicht durch den Prozessbevollmächtigten, sondern durch einen anderen Anwalt durchgeführt wurde. Denn für den Prozessbevollmächtigten stellt die Zustellung einer einstweiligen Verfügung nach h.M. keine besondere Angelegenheit dar, sondern ist bereits mit der Verfahrensgebühr abgegolten (vgl. §§ 18 Abs. 1 Nr. 2, 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 16 RVG – anders für die Unterlassungsverfügung AnwK-RVG/Wolf, Nr. 3309 VV Rn 36 f.). Ist der Anwalt allerdings ausschließlich mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung beauftragt, erhält er die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV.
Gebühr maximal in Höhe von 0,3
Selbst wenn man vertreten würde, dass für den zustellenden Anwalt die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3400 VV anfallen kann, ändert dies im Ergebnis nichts. Denn diese Gebühr fällt auch nur in Höhe der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Gebühr an, hier also auch nur in Höhe von 0,3.
Beauftragung wegen Dringlichkeit auch erforderlich
Die Beauftragung eines anderen Anwalts für die Zustellung hat das Gericht im Rahmen der Erstattungsfrage für erforderlich gehalten: Eine einstweilige Verfügung, die im Beschlusswege ergeht, wird erst durch die Parteizustellung wirksam (§§ 935, 922 Abs. 2 ZPO). Aufgrund der Dringlichkeit der Zustellung (drohender Verkauf des Reisebusses am nächsten Tag) hat das Gericht die Beauftragung eines Anwalts am Geschäftssitz der Verfügungsbeklagten gebilligt – die für diesen erstattungsfähige 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV dürfte im Zweifel auch geringer gewesen sein als die Reisekosten des Verfahrensbevollmächtigten.
Ebenso hat das KG (MDR 2010, 55 = KGR 2009, 839 = RVGreport 2009, 436) die Erstattungsfähigkeit der Gebühr aus Nr. 3309 VV RVG bejaht, wenn ein anerkennungswürdiges Interesse daran besteht, die einstweilige Verfügung so schnell wie möglich zuzustellen und die Verfahrensbevollmächtigten ihren Sitz in einer anderen Stadt als die Schuldner haben.