Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG; §§ 670, 675 BGB; §§ 91, 104 ZPO
Leitsatz
Beauftragt der Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen einen Terminsvertreter zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung, handelt es sich bei den dadurch dem Prozessbevollmächtigten entstehenden Kosten in Form der Vergütung des Terminsvertreters nicht um Auslagen i.S.v. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV. Derartige Kosten sind selbst dann, wenn der Mandant dem Prozessbevollmächtigten diese Kosten ersetzt, im Kostenfestsetzungsverfahren nicht gegen den Prozessgegner festzusetzen.
OLG Dresden, Beschl. v. 7.11.2022 – 12 W 561/22
I. Sachverhalt
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3 hatten im eigenen Namen für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem LG Leipzig einen Terminsvertreter beauftragt und diesem ein Pauschalhonorar von 400,00 EUR gezahlt. Soweit hier von Interesse stellten die Rechtsanwälte den Beklagten zu 2 und 3 die ihnen für die Vertretung vor dem LG Leipzig angefallene Vergütung, darunter eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV sowie als Auslagen i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 2 RVG auch das Pauschalhonorar für den Terminsvertreter i.H.v. 400,00 EUR in Rechnung. Die Beklagten zu 2 und 3 zahlten die berechneten Gebühren und Auslagen an ihre Prozessbevollmächtigten.
Aufgrund der zugunsten der Beklagten zu 2 und 3 ergangenen Kostenentscheidung des LG Leipzig beantragten diese die Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten, darunter eine 1,2-Terminsgebühr ihrer Hauptbevollmächtigten und das von diesen dem Terminsvertreter gezahlte Pauschalhonorar i.H.v. 400,00 EUR. Der Rechtspfleger des LG Leipzig hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss das vorgenannte Pauschalhonorar i.H.v. 400,00 EUR nicht berücksichtigt.
Gegen die Absetzung des Pauschalhonorars haben die Beklagten zu 2 und 3 sofortige Beschwerde mit der Begründung eingereicht, es handele sich um von ihnen geschuldete Auslagen ihrer Prozessbevollmächtigten nach Vorbem. 7 Abs. 2 S. 2 VV. Das an den Terminsvertreter gezahlte Pauschalhonorar sei auch deshalb von der Klägerin zu erstatten, weil die – fiktiven – Kosten einer Terminswahrnehmung durch ihre Hauptbevollmächtigten mit 489,08 EUR höher gewesen wären.
Das OLG Dresden hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2 und 3 zurückgewiesen.
II. Pauschalhonorar des Terminsvertreters
1. Vereinbartes Pauschalhonorar nicht erstattungsfähig
Nach Auffassung des OLG Dresden sind im Rahmen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nur die auf der Grundlage des RVG angefallenen gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts festzusetzen. Demgegenüber seien Rechtsanwaltskosten, die auf einer Honorarvereinbarung beruhten, grds. bei der Kostenfestsetzung unberücksichtigt zu lassen (OLG München AGS 2022, 448 [Hansens] = zfs 2022, 639 m. Anm. Hansens).
Solche gesetzlichen Gebühren und Auslagen sind nach Auffassung des OLG Dresden hier nicht angefallen. Sie würden der Partei – hier den Beklagten zu 2 und 3 – bei der Vertretung durch einen Terminsvertreter nur dann entstehen, wenn dieser von der Partei selbst beauftragt worden sei, nicht aber dann, wenn der Prozessbevollmächtigte den Auftrag zur Terminsvertretung im eigenen Namen erteilt hat (OLG München, a.a.O.; BGH AGS 2011, 568 = zfs 2011, 582 m. Anm. Hansens = RVGreport 2011, 389 [Hansens]). Vorliegend habe die letztgenannte Fallgestaltung vorgelegen. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3 hätten nämlich den Terminsvertreter in ihrem eigenen Namen beauftragt. Das Pauschalhonorar i.H.v. 400,00 EUR habe seine Grundlage somit in einer zwischen den Rechtsanwälten getroffenen Vergütungsvereinbarung.
2. Pauschalhonorar keine Auslagen der Prozessbevollmächtigten
Nach den weiteren Ausführungen des OLG Dresden richtet sich die Vergütungsvereinbarung zwischen den Rechtsanwälten, in dem die Prozessbevollmächtigten die Zahlung eines Pauschalhonorars an den Terminsvertreter i.H.v. 400,00 EUR vereinbart hatten, nicht nach den Vorschriften des RVG (so auch BGH AGS 2001, 51 = BRAGOreport 2001, 26 [Hansens]; OLG München, a.a.O.).
Das OLG Dresden ist auch der vereinzelt in Rspr. und Lit. vertretenen Auffassung (s. hierzu neulich N. Schneider, AGS 2022, 529 ff.) entgegengetreten, das aufgrund der Vereinbarung zwischen den Rechtsanwälten an den Terminsvertreter gezahlte Pauschalhonorar sei eine Auslage der Prozessbevollmächtigten nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV i.V.m. §§ 670, 675 BGB. Auslagen i.S.d. Teils 7 des VV seien nämlich – so argumentiert das OLG Dresden – regelmäßige Aufwendungen, die dem Hauptbevollmächtigten im Zuge der auftragsgemäßen Erfüllung seiner anwaltlichen Tätigkeiten entstehen würden. Demgegenüber gehörten die Aufwendungen nicht zu den Auslagen im Sinne dieser Vorschrift, die dadurch angefallen seien, dass der Hauptbevollmächtigte die von ihm geschuldeten originären anwaltlichen Leistungen nicht in eigener Person erbringe, sondern anderweitig einkaufe (so OLG München, a.a.O.; OLG Hamm, Beschl. v. 15.10.2019 – 25 W 242/19). Die Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit der Hauptbevollmächtigten, zu der auch die Wahrnehm...