§ 91 ZPO; Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG; §§ 670, 675 BGB
Leitsatz
Beauftragt der prozessbevollmächtigte Anwalt für einen Termin vor einem auswärtigen Gericht einen Terminsvertreter in eigenem Namen und auf eigene Kosten, sind diese Kosten als Auslagen des prozessbevollmächtigten Anwalts in der Höhe erstattungsfähig, als dadurch bei ihm anfallende Reisekosten vermieden worden sind.
AG Frankfurt, Beschl. v. 3.3.2023 – 30 C 225/22 (32)
I. Sachverhalt
Nach Abschluss des Verfahrens beantragte die Klägerin die Kostenfestsetzung und machte dabei auch Auslagen ihrer Prozessbevollmächtigten für einen von diesen zur Wahrnehmung eines auswärtigen Verhandlungstermins beauftragten Terminsvertreters geltend. Zugrunde lag eine Vereinbarung der Prozessbevollmächtigten mit dem Terminsvertreter, wonach dieser von den Prozessbevollmächtigten für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins eine Vergütung i.H.v. 200,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer erhalten sollte. Diesen Betrag hatten die Prozessbevollmächtigten dann auch an den Terminsvertreter gezahlt. Die Reisekosten der Prozessbevollmächtigten, die entstanden wären, wenn diese den Termin selbst wahrgenommen hätten, hätten sich auf 427,60 EUR belaufen. Die Rechtspflegerin des AG hat die Kosten des Terminsvertreters abgesetzt. Mit der dagegen erhobenen Erinnerung hat die Klägerin geltend gemacht, dass es sich um eigene Aufwendungen handele, da im Rahmen eines Gesamtauftrages eine Vereinbarung darüber bestünde, dass die Prozessbevollmächtigten unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin bei entsprechender Sachlage auf ihre Kosten einen Vertreter beauftragen und die Kosten entsprechend an die Klägerin weitergegeben werden sollen. Zum Nachweis legte die Klägerin die Kostennote des Terminsvertreters vor, gerichtet an die Hauptprozessbevollmächtigten, sowie eine Kostenübernahmeerklärung der Klägerin in Bezug auf solche Beauftragungen. Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Richter hat antragsgemäß festgesetzt.
II. Kosten des Terminsvertreters als Auslagen erstattungsfähig
Die streitigen Kosten sind als Auslagen nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV i.V.m. §§ 675, 670 BGB nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig. Es handelt sich um Auslagen, die der Klägervertreter den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Zu Auslagen, die der Rechtsanwalt für erforderlich halten darf, zählen alle notwendigen und nützlichen Auslagen, die der Rechtsanwalt zur Ausführung des Auftrags auf Wunsch oder im Interesse des Auftraggebers gemacht hat, soweit sie nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten zählen. Dazu zählen nach Auffassung des Gerichts auch die Kosten für einen Unterbevollmächtigten, jedenfalls dann, wenn dies im Vorfeld mit dem Mandanten abgestimmt ist und dieser dadurch der Delegation der eigentlich höchstpersönlich vorzunehmenden Terminsvertretung zugestimmt hat. Genau das war hier der Fall. Die Kosten für den Terminsvertreter lagen schon deshalb im Interesse des Auftraggebers, da sie unter den durch eine Anreise der Klägervertreter entstandenen Kosten lagen.
III. Bedeutung für die Praxis
1. AG bejaht Erstattungsfähigkeit zu Recht
Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht der fast einhelligen amtsgerichtlichen Rspr. und Praxis (s. N. Schneider, AGS 2022, 529 ff.).
Das Gericht stellt zu Recht klar, dass die Kosten, die ein Anwalt im Einverständnis mit seinem Mandanten für die Einschaltung von Hilfspersonen aufwendet, diesem nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV i.V.m. §§ 675, 670 BGB als Auslagen in Rechnung stellen darf. Das gilt z.B. für die Hinzuziehung von Übersetzern, Gutachtern, Steuerberatern und damit auch für Terminsvertreter. Die Erstattungsfähigkeit richtet sich nach § 91 ZPO. Es ist also zu fragen, ob diese Kosten notwendig waren. Hier kommt jetzt die Rspr. des BGH ins Spiel, wonach eine auswärtige Partei die Reisekosten eines an ihrem Sitz ansässigen Anwalts grds. erstattet verlangen kann (AGS 2003, 97 = NJW 2003, 898). Wenn sie diese Kosten aber erstattet verlangen kann, dann ist nicht einzusehen, wieso sie die geringeren Kosten eines Terminsvertreters nicht soll erstattet verlangen können. Es ist ein allgemeiner Grundsatz des Kostenrechts, dass an sich nicht notwendige Kosten jedenfalls in der Höhe zu erstatten sind, als andere Kosten, die erstattungsfähig gewesen wären, vermieden worden sind.
Beispiel
Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 50.000,00 EUR. Der Kölner Rechtsanwalt beauftragt in München einen Terminsvertreter und handelt mit ihm ein Honorar für die Terminsvertretung i.H.v. 400,00 EUR (netto) aus. Nach Abschluss des Termins rechnet der Terminsvertreter mit dem Hauptbevollmächtigten diese 400,00 EUR ab, die der Hauptbevollmächtigte dann auch bezahlt.
Der Hauptbevollmächtigte zahlt also aus der eigenen Tasche an den Terminsvertreter:
1. |
Pauschalhonorar |
400,00 EUR |
2. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
76,00 EUR |
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Gesamt |
476,00 EUR |
Nunmehr rechnet er mit der Partei wie folgt ab:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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1.511,90 EUR |
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(Wert: 50.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 310... |