1. Gesetzliche Regelung
Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Einigungsvertrages i.S.d. Nr. 1000 VV oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der PKH hierauf beschränkt, umfasst der Anspruch gem. § 48 Abs. 1 S. 2 RVG alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.
Nach Nr. 1000 Nr. 1 VV fällt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, eine 1,5-Einigungsgebühr an. Wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig ist, ermäßigt sich die Einigungsgebühr auf den Satz von 1,0. Dies gilt nach Abs. 1 S. 1 der Anm. zu Nr. 1003 VV auch dann, wenn ein Verfahren über die PKH anhängig ist, soweit nicht lediglich PKH für ein selbstständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Einigungsvertrags erstreckt.
2. Umfang der Beiordnung
Nach Auffassung des LAG München handelt es sich auch unter Geltung der neuen Rechtslage, nach der § 48 Abs. 1 S. 3 RVG und Abs. 1 S. 1 der Anm. zu Nr. 1003 VV geändert wurde, jedenfalls bei einer mit der Klageerhebung beantragten und gewährten PKH nicht um eine PKH-Bewilligung zur Protokollierung eines Vergleichs. Die PKH sei hier nämlich für das gesamte gerichtliche Verfahren beantragt und auch bewilligt worden, auch wenn die Entscheidung erst nach Abschluss des Vergleichs erfolgt sei. Damit habe das ArbG München keine Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers zum Abschluss eines Einigungsvertrages i.S.v. Abs. 1 S. 1 der Anm. zu Nr. 1003 VV beschlossen. Auch die erst nach Vergleichsschluss bewilligte PKH solle nämlich den Prozessbevollmächtigten der Partei nicht allein zum Vergleichsschluss, also zum Abschluss eines Einigungsvertrages, beiordnen, sondern solle das gesamte Verfahren ab Klageerhebung bzw. ab Antragstellung abdecken. Dies gilt nach den weiteren Ausführungen des LAG München auch dann, wenn ein bei Gericht eingeleitetes Verfahren über die Gewährung von PKH lediglich die Erstreckung der PKH auf einen Vergleichsmehrwert betreffe, der Vergleich jedoch noch nicht abgesprochen, sondern allein vorbesprochen war und das Gericht noch an seinem Zustandekommen mitwirken musste.
So lag der Fall nach Auffassung des LAG München hier. Die Parteien hatten hier im Gütetermin vor dem ArbG München einen prozessbeendenden Vergleich geschlossen. Ob und inwieweit das Arbeitsgericht hieran mitgewirkt hatte, lasse sich dem Protokoll zwar nicht entnehmen. Jedoch habe zumindest eine Erörterung der Sach- und Rechtslage vor Vergleichsschluss stattgefunden. Rechtsanwalt B sei nach dem Vergleichsschluss auch nicht lediglich zum Abschluss eines Einigungsvertrages beigeordnet worden, sondern für das gesamte gerichtliche Verfahren. Dies habe darauf beruht, dass der Kläger mit der Klageerhebung PKH für den gesamten Rechtsstreit beantragt hatte. Zum damaligen Zeitpunkt seien keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, dass nur der Abschluss eines Einigungsvertrages im Raum gestanden hätte.
3. Gebührenrechtliche Folgen
Nach Auffassung des LAG München griff hier die Regelung von Abs. 1 S. 1 der Anm. zu Nr. 1003 VV ein, weil ein Verfahren über die PKH anhängig war. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, dass lediglich die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt worden sei oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Einigungsvertrages erstreckt hätte, habe nicht vorgelegen.
a) Gesetzeszweck
Eine Erhöhung der Einigungsgebühr von 1,0 auf 1,5 rechtfertigt sich nach den weiteren Ausführungen des LAG München auch nicht nach dem Gesetzeszweck der Nr. 1000 VV, nämlich der Förderung und Belohnung der Beilegung von Streitigkeiten ohne Anrufung des Gerichts (s. LAG Düsseldorf AGS 2014, 503 und AGS 2014, 505; LAG Stuttgart AGS 2016, 323; LAG Brandenburg AGS 2018, 292 = RVGreport 2018, 299 [Hansens]; LAG Hamm AGS 2016, 133). Dem hat das LAG München entgegengehalten, nach Nr. 1003 VV erfolge auch dann eine Anrufung des Gerichts, wenn – wie hier – ein Verfahren über die (Erstreckung der) PKH anhängig gemacht wird. In diesem Falle sei das Gericht kein bloßes "Beurkundungsorgan" mehr.
Das LAG Berlin-Brandenburg (AGS 2018, 292 = RVGreport 2018, 299 [Hansens]) hatte in seinem Beschluss ausgeführt, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung der bedürftigen Partei werde erschwert, wenn ihr Rechtsanwalt für den Vergleichsmehrwert nur eine 1,0-Einigungsgebühr erhalte. Das LAG München hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Miterledigung nicht rechtshängiger Gegenstände durch Abschluss eines Vergleichs werde bei einer bedürftigen Partei nic...