§§ 670, 675 BGB; §§ 91 Abs. 1 S. 1, 104 ZPO; § 5 RVG; Nrn. 3202, 3401, 7003 bis 7006, Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG
Leitsatz
Beauftragt der Hauptbevollmächtigte einer Partei gegen ein Honorar einen Terminsvertreter, um den Anfall von abrechenbaren Kosten in einer das Honorar übersteigenden Höhe zu vermeiden, stellt das vereinbarte Honorar die Gegenleistung allein für die Wahrnehmung des Termins im eigenen Gebühreninteresse des Hauptbevollmächtigten dar und kann der Partei nicht als Aufwendung des Hauptbevollmächtigten in Rechnung gestellt werden (Anschluss an BGH, Beschl. 9.5.2023 – VIII ZB 53/21).
BGH, Beschl. v. 22.5.2023 – VIa ZB 22/22
I. Sachverhalt
Der in München wohnhafte Kläger beauftragte in Düsseldorf ansässige Rechtsanwälte (im Folgenden Hauptbevollmächtigte), vor dem LG München I Ansprüche gegen die Beklagte im Zusammenhang mit dem sogenannten "Dieselskandal" geltend zu machen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG trat für den Kläger ein in München ansässiger Rechtsanwalt auf, dem die Hauptbevollmächtigten eine Terminsvollmacht erteilt hatten. Das LG gab der Klage im Wesentlichen statt und erlegte die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auf. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein. In der Verhandlung vor dem OLG München wurde der Kläger erneut durch einen in München ansässigen Rechtsanwalt unter Vorlage einer Terminsvollmacht seiner Hauptbevollmächtigten vertreten. Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurück.
Der Kläger hat, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, für die erste und die zweite Instanz neben den Terminsgebühren Kosten für die Terminsvertreter i.H.v. 200,00 EUR und 220,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer, mithin von 499,80 EUR, nebst Zinsen angemeldet. Hierzu hat er an die Hauptbevollmächtigten gerichtete Rechnungen der Terminsvertreter über mit diesen vereinbarte Pauschalvergütungen nebst Umsatzsteuer vorgelegt.
In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss hat das LG die Kosten für die Terminsvertreter abgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers ist erfolglos geblieben (OLG München NJW-RR 2022, 1506).
Das Beschwerdegericht hat angenommen, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Einschaltung der Terminsvertreter seien weder unter dem Gesichtspunkt ersparter Reisekosten der Hauptbevollmächtigten noch als von ihnen getätigte Auslagen festsetzungsfähig. Da die Terminsvertreter von den Hauptbevollmächtigten beauftragt worden seien, seien keine gesetzlichen Gebühren zu ihren Gunsten angefallen, die mit Blick auf sonst entstandene Reisekosten der Hauptbevollmächtigten erstattungsfähig sein könnten. Die den Hauptbevollmächtigten aufgrund der Vergütungsvereinbarungen mit den Terminsvertretern erwachsenen Kosten seien auch nicht als gesetzliche Auslagen erstattungsfähig, weil die von den Hauptbevollmächtigten geschuldete Wahrnehmung der Gerichtstermine durch die infolge der Einschaltung der Terminsvertreter verdienten Terminsgebühren abgegolten sei.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Festsetzung weiterer 499,80 EUR nebst Zinsen weiter. Die Rechtsbeschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg.
II. Kein Vergütungsanspruch des Terminsvertreters gegenüber dem Kläger
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger an die Terminsvertreter keine Vergütungen zu entrichten habe, die mit Blick auf von den Hauptbevollmächtigten ersparte Reisekosten zu erstatten sein könnten.
Hat die Partei selbst oder in ihrem Namen ihr Prozessbevollmächtigter einen Rechtsanwalt mit der Terminsvertretung beauftragt, so fallen zulasten der Partei nach Maßgabe des RVG Gebühren – so eine hälftige Verfahrensgebühr (Nr. 3401 VV) und eine Terminsgebühr (Nr. 3402 VV) – sowie ggf. Auslagen des Terminsvertreters an. Solche Kosten stellen nach der Rspr. des BGH notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO dar, wenn durch die Tätigkeit des Terminsvertreters erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in vergleichbarer Höhe erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (vgl. BGH NJW-RR 2023, 205 Rn 12 und 19; Beschl. v. 9.5.2023 – VIII ZB 53/21, juris Rn. 12 f.; jeweils m.w.N.).
Hat der Prozessbevollmächtigte der Partei dagegen im eigenen Namen einen Rechtsanwalt mit der Terminsvertretung beauftragt, so ist der Terminsvertreter regelmäßig Erfüllungsgehilfe des Hauptbevollmächtigten und erhält deshalb nach § 5 RVG der Hauptbevollmächtigte die gesetzliche Terminsgebühr (Nrn. 3104, 3202 VV). In diesem Fall wird zwischen der Partei und dem Terminsvertreter kein Vertragsverhältnis begründet, das eine Vergütungspflicht der Partei begründen könnte, sondern richtet sich der Anspruch des Terminsvertreters auf das vereinbarte Honorar gegen den Hauptbevollmächtigten als seinen Auftraggeber (vgl. BGH NJW 2001, 753, 754; Beschl. v. 9.5.2023 – VIII ZB 53/21, juris Rn 13; vgl. auch BGH VersR 2012, 737 Rn 8 f.).
Die Rechtsbeschwerde zieht nicht in Zweifel, dass di...