Leitsatz
Zeigt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten lediglich dessen Verteidigungsbereitschaft an, so löst dies nur eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV aus.
LG Stuttgart, Beschl. v. 17.9.2014 – 19 O 148/13
1 Sachverhalt
Nach Zustellung der Klage hatten die beiden Beklagten jeweils einen eigenen Anwalt beauftragt, der jeweils zunächst nur die Verteidigungsbereitschaft angezeigt und weitere Anträge zur Sache angekündigt hatte. Hiernach wurde die Klage zurückgenommen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt.
Die Beklagten beantragten daraufhin jeweils die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr. Sie waren der Auffassung, dass die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft bereits die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV auslöse.
Das Gericht hat lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr berücksichtigt.
2 Aus den Gründen
Es wurde lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 VV in Ansatz gebracht.
Bis zur Rücknahme der Klage ist eine 0,8-Verfahrensgebühr entstanden.
Es wurden bis zur Rücknahme der Klage kein Sachantrag (Antrag auf Klageabweisung) eingereicht oder ein gerichtlicher Termin wahrgenommen. Die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft und der Antrag auf Terminsverlegung lösen keine Verfahrensgebühr in Höhe von 1,3 aus.
3 Anmerkung
In der Kommentarliteratur wird zum Teil vertreten, bereits die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft löse die volle 1,3-Verfahrensgebühr aus. Begründet wird diese Ansicht damit, dass vergleichbar einem Widerspruch die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft den Erlass eines Versäumnisurteils hindere. Die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO gehe damit über eine bloße Bestellung hinaus und müsse folglich einem Sachantrag gleichgestellt werden.
Die Gegenauffassung weist dagegen darauf hin, dass die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft eine bloße Mitteilung der Vertretung sei und gerade keinen Antrag enthalte, also weder auf die Abweisung der Klage gerichtet sei noch auf deren Anerkenntnis. Vielmehr bleibe der konkrete Antrag einem späteren Schriftsatz vorbehalten, so dass es in diesem Falle bei der ermäßigten Gebühr verbleiben müsse.
Die Rspr. zur früheren vergleichbaren Rechtslage nach der BRAGO war dagegen einhellig. Danach entsteht mit bloßer Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nur eine ermäßigte 5/10-Prozessgebühr nach § 32 BRAGO.
Erst mit Stellung des Sachantrags, also mit dem Antrag auf Zurückweisung der Klage oder deren Anerkenntnis wird die volle Verfahrensgebühr ausgelöst.
Allerdings sollte sich der Anwalt davor hüten, aus Gebühreninteressen mit der Anzeige zur Verteidigungsbereitschaft grundsätzlich die Zurückweisung der Klage zu beantragen, da er hiermit für die Partei die Möglichkeit vergibt, noch kostenbefreiend anzuerkennen (§ 93 ZPO). Ist nämlich einmal der Zurückweisungsantrag gestellt, kommt ein sofortiges Anerkenntnis nicht mehr in Betracht, selbst wenn dies noch innerhalb der Klageerwiderungsfrist oder sogar der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nachgeholt wird. Grundsätzlich gilt ein innerhalb der Klageerwiderungsfrist abgegebenes Anerkenntnis nur dann als ein sofortiges i.S.d. § 93 ZPO, wenn die Verteidigungsanzeige keinen auf eine Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag enthalten hat.
Norbert Schneider
AGS 11/2014, S. 501 - 502