Beispiel: Eingeklagt sind 10.000 EUR. Nach Zustellung der Klageschrift und Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens lässt der Beklagte durch seinen Anwalt die Verteidigungsbereitschaft anzeigen. Bevor der Beklagtenvertreter eine Klageerwiderung einreichen kann, wird die Klage zurückgenommen. Daraufhin beantragt der Beklagtenvertreter, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Es ist einhellige Auffassung, dass die bloße Anzeige der Verteidigungsbereitschaft lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr auslöst, da sie noch keinen Sachantrag enthält. Wird also nach Anzeige der Verteidigungsbereitschaft die Klage zurückgenommen, liegt eine vorzeitige Erledigung i.S.d. VV 3101 Nr. 1 vor.
Nach Auffassung des AG Nürtingen löst der Kostenantrag über die 0,8-Verfahrensgebühr hinaus keine weitere Vergütung aus. Grund hierfür sei, dass nach Abs. 1 S. 2 Nr. 9 der Antrag auf Erlass einer Kostenentscheidung mit zum Rechtszug gehöre und damit durch die Verfahrensgebühr abgegolten sei. Das LG Frankfurt a.M. wiederum ist der Auffassung, dass durch den Kostenantrag die volle 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert ausgelöst werde, da es sich insoweit um einen Sachantrag i.S.d. VV 3101 Nr. 1 handele, der damit einer Ermäßigung der Verfahrensgebühr entgegenstehe. Nach zutreffender Auffassung ist dagegen zu differenzieren. Hinsichtlich der Hauptsache bleibt es dabei, dass es an einem Sachantrag fehlt, so dass insoweit nur eine 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1 anfällt. Für den Kostenantrag ist dagegen von einer 1,3-Verfahrensgebühr auszugehen, da es sich um einen Sachantrag handelt. Der Gegenstandswert der vollen Verfahrensgebühr richtet sich dann allerdings nur nach dem Kosteninteresse (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 43 Abs. 3 GKG). Hiernach sind dann beide Gebühren gem. § 15 Abs. 3 zu kürzen auf eine Gebühr nach dem höchsten Gebührensatz aus dem Gesamtwert. Dies bedeutet, dass insgesamt maximal eine 1,3-Gebühr aus dem Wert der Hauptsache anfallen kann, da Hauptsache und Kosten gem. § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG nicht zusammengerechnet werden dürfen.
Geht man im Beispiel von einem Kostenstreitwert i.H.v. bis 2.000 EUR aus (zwei Anwälte und eine 1,0-Gerichtsgenbühr), ergibt sich folgende Abrechnung:
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, VV 3100, 3101 (Wert: 10.000,00 EUR) |
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491,20 EUR |
2. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: bis 2.000,00 EUR) (die Grenze des § 15 Abs. 3, nicht mehr als 1,3 aus 10.000,00 EUR = 798,20 EUR ist nicht überschritten) |
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215,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
655,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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124,45 EUR |
Gesamt |
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779,45 EUR |