I. Zur Erstreckung der Prozesskostenhilfe
Die Streitfrage, welche Tätigkeiten bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen sind, wird sich zum 1.7.2013 mit dem 2. KostRMoG erledigen. Im neuen § 48 Abs. 4 RVG wird der Gesetzgeber klarstellen, dass sich die Beiordnung in sozialgerichtlichen Angelegenheiten, in denen nach Betragsrahmen abzurechnen ist, nicht nur auf den Zeitpunkt ab der Beantragung erstreckt, sondern auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit, sofern vom Gericht nichts anderes bestimmt worden ist.
Der neue Gesetzestext soll folgenden Wortlaut erhalten:
§ 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung
…
(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.
II. Zur Höhe der Terminsgebühr
Auch die weitere Streitfrage, wie eine fiktive Terminsgebühr nach der Anm. zu Nr. 3106 und 3205 VV zu bewerten ist, wird der Gesetzgeber klären. In erster Instanz wird sich die Terminsgebühr in diesen Fällen auf 90 % der Verfahrensgebühr belaufen und im Berufungsverfahren auf 75 %. Damit soll eine Gleichstellung des Verhältnisses der fiktiven Terminsgebühr zur Verfahrensgebühr bei Abrechnung nach Wertgebühren hergestellt werden (erste Instanz: 1,3/1,2; Berufung: 1,6/1,2).
Der neue Gesetzestext soll insoweit folgenden Wortlaut erhalten:
3106 |
Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) ……… |
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50,00 bis 510,00 EUR |
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Die Gebühr entsteht auch, wenn |
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1. |
in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, |
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2. |
nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder |
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3. |
das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. |
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In den Fällen des Satzes 1 beträgt die Gebühr 90 % der in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Nr. 1008. |
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3205 |
Terminsgebühr in Verfahren vor den Landessozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) ……… |
50,00 bis 510,00 EUR |
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Satz 1 Nr. 1 und 3 der Anmerkung zu Nummer 3106 gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 beträgt die Gebühr 75 % der in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Nr. 1008. |
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III. Zur Entscheidung durch Gerichsbescheid
Ebenso wie bei Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV soll auch in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen nach Rahmengebühren abgerechnet wird, im Falle der Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 1 S. 1 SGG nur dann eine Terminsgebühr anfallen, wenn auf Antrag mündlich verhandelt werden muss, also wenn eine Berufung nicht gegeben ist (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106 VV). Das wiederum ist nur der Fall, bei Entscheidungen des SG, die nicht kraft Gesetzes berufungsfähig sind und bei denen die Berufung auch nicht zugelassen worden ist. Eine Terminsgebühr entsteht dagegen nicht bei einer Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid, wenn die Entscheidung kraft Gesetzes berufungsfähig ist oder das SG die Berufung zugelassen hat.
Beispiel
Das SG entscheidet durch Gerichtsbescheid und lässt die Berufung zu. Eine Berufung wird jedoch nicht eingelegt.
Eine Terminsgebühr entsteht nicht, da eine mündliche Verhandlung nicht hätte beantragt werden können. Es verbleibt bei der Verfahrensgebühr.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
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300,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
320,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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60,80 EUR |
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Gesamt |
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380,80 EUR |
Beispiel
Das SG entscheidet durch Gerichtsbescheid, gegen den eine Berufung nicht möglich und auch nicht zugelassen worden ist.
Da jetzt nach § 105 Abs. 2 SGG eine mündliche Verhandlung hätte beantragt werden können, entsteht eine Terminsgebühr nach Anm. S. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106 VV. Die Höhe der Terminsgebühr beläuft sich auf 90 % der Verfahrensgebühr (Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV)
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
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300,00 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
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270,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
590,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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112,10 EUR |
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Gesamt |
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702,10 EUR |
Norbert Schneider