Leitsatz
Eine Ausschlagung der Erbschaft nur als testamentarischer Miterbe ist wirksam, da sie auf einen Berufungsgrund beschränkt werden kann. Der Beginn der Anfechtungsfrist setzt die Kenntnis vom Erbfall und vom Grund der Berufung voraus. Die später erklärte Anfechtung der Ausschlagung durch den Beteiligten war unwirksam.
Sachverhalt
Eheleute, deren Sohn der Beteiligte zu 1 ist, haben sich in einem gemeinschaftlichen Testament zunächst gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die vorverstorbene Ehefrau hatte noch drei weitere Kinder und Enkel aus erster Ehe. Der Beteiligte zu 1 und eine Tochter der Frau sollten je 25 % und die Enkel sowie der Sohn der Ehefrau sollten jeweils 16 2/3 als "Nacherben nur das erhalten, was nach dem Tode des letzten Ehepartners von dem Nachlass des früher verstorbenen Ehepartners noch übrig ist".
Der Erblasser hatte bei Erteilung des Erbscheins zu Protokoll gegeben, dass die eingesetzten Nacherben auch seine Schlusserben sein sollten, da er zwischen der Tochter und dem eigenen Sohn keinen Unterschied mache.
Der Beteiligte zu 1 hatte zunächst einen Alleinerbschein beantragt, da das Testament keine Erbeinsetzung nach dem Letztversterbenden enthalte. Daraufhin hat das Gericht ihm eine Ablichtung des Protokolls mit den Erläuterungen des Erblassers zugesandt. Später erging im Beschlusswege die Ankündigung, den beantragten gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen.
Der Beteiligte zu 1 hat drei Wochen nach Erlass des Beschlusses die Ausschlagung der Erbschaft als testamentarischer Miterbe erklärt, da er bislang der Ansicht gewesen sei, dass die gesetzliche Erbfolge greife. Sodann hat das Nachlassgericht Teilerbscheine für die übrigen Miterben erteilt.
Zwei Jahre später hat der Beteiligte zu 1 die Anfechtung der Ausschlagung erklärt und zur Begründung angeführt, er sei 2002 wegen des Verdachts eines Gehirntumors behandelt worden. 2003 sei ein Tumor diagnostiziert und entfernt worden. Er habe die Tragweite seiner Ausschlagungserklärung nicht erkannt.
Entscheidung
Das auslegungsbedürftige Testament war dahingehend zu verstehen, dass die "Nacherben" als Schlusserben auch das Vermögen des Erblassers erben sollten. Dies ergibt die Auslegung des Testaments im Zusammenspiel mit der Erklärung des Erblassers zur Niederschrift des Gerichts. Dieses Ergebnis wird auch nicht mehr von den Beteiligten angezweifelt.
Jedoch hat der Beteiligte zu 1 fristgerecht die Ausschlagung der Erbschaft erklärt. Für den Beginn der Frist ist nach § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB Kenntnis vom Erbfall und vom Grund der Berufung nötig. Allein die Übersendung des gerichtlichen Protokolls mit der darin enthaltenen Erklärung des Erblassers war nicht geeignet eindeutige Kenntnisse hinsichtlich der Erbrechtslage zu vermitteln. Hinzu kommt, dass der Prozessbevollmächtigte des Sohnes daraufhin um weitere Aufklärung gebeten hat. Als Fristbeginn ist damit die Ankündigung des Nachlassgerichts, die beantragten Teilerbscheine zu erteilen, maßgeblich. Die nur drei Wochen später erklärte Ausschlagung ist somit fristgemäß.
Dass der Beteiligte zu 1 die Ausschlagung auf die Berufung als testamentarischer Erbe beschränkt hat, macht diese nicht unwirksam, da die Ausschlagung auf einen Berufungsgrund beschränkt werden kann.
Die zuvor erklärte Annahme der Erbschaft gilt als nicht erfolgt, da der Beteiligte zu 1 die Erbschaft nur als vermeintlicher gesetzlicher Erbe angenommen hat. Die Erkrankung des Beteiligten zu 1 bietet darüber hinaus keinen Anlass an seiner Geschäftsfähigkeit zu zweifeln.
Schließlich greift die Anfechtung der Ausschlagung wegen Irrtums nicht durch. Der Beteiligte zu1 habe nach seiner Begründung angenommen, mit der Ausschlagung sein gesetzliches Erbrecht zu erhalten. Nach dem Inhalt der Ausschlagungserklärung meinte er jedoch, gesetzlicher Erbe zu sein. Die Anfechtungsfrist ist ebenfalls verstrichen. Durch die wirksame Ausschlagung wächst der Erbteil den übrigen Miterben an.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 28.08.2006, 31 Wx 045/06